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Potsdam-Mittelmark: Konzentrierte Basisarbeit

Sven Petke, Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, erklärt sich den Stahnsdorfer Parteifreunden und gewinnt deren Rückhalt

Stand:

Stahnsdorf - Peter Weiß preist gern die demokratischen Errungenschaften seit 1990. So lobt der Stahnsdorfer CDU-Ortschef, dass Gott sei dank die Zeiten vorbei sind, in denen es zur Wahl eines Parteivorsitzenden nur einen Kandidaten gab und der dann auch mit fast 100 Prozent gewählt wurde. Es sei gut, dass es für den neu zu vergebenen Vorsitz der märkischen Union bislang zwei Bewerber gebe – Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und Ex-Generalsekretär Sven Petke.

Man könnte Weiß’ Loblied auf den Pluralismus auch als Kritik verstehen: Man möge es doch bitte unterlassen, Sven Petke aufzufordern, seine Kandidatur zurückzuziehen. Erst am vergangenen Wochenende hatte Parteichef Jörg Schönbohm in einem Interview von seinem einstigen und nunmehr in Ungnade gefallenen Ziehsohn verlangt, auf seine Bewerbung zu verzichten. Doch Petke ist wild entschlossen, am 27. Januar die Führung der Partei zu übernehmen. Mehr noch: er will die heftig zerstrittene CDU wieder einen: „Ich will nicht Vorsitzender von Teilen, sondern von der gesamten CDU werden“, verkündete er am Montagabend gegenüber seinen Stahnsdorfer Parteifreunden. Deren Frontmann Weiß hatte zwar schon zur Begrüßung vollmundig verkündet: „Wir stehen hinter Petke!“, doch einige blickten skeptisch: Schließlich saß da an der Spitze der Tafel im „Geranienhof“ jemand, über den seine Kritiker und politische Kommentatoren schreiben, er spalte die Partei, er sei schuld an der neuerlichen Misere der märkischen Union.

Konzentriert und nüchtern, ohne jegliche Schärfe bilanziert Petke die vergangenen zweieinhalb Monate, „die keine einfache Zeit für die CDU waren“. Die leidige Diskussion um das Cottbusser Wahlbündnis von CDU und Linkspartei, die Vorwürfe gegen Petke in der E-Mail-Affäre, die ihm „sehr weh“ getan hätten, das Aufkündigen der engen Zusammenarbeit durch Parteichef Schönbohm nach einem „sehr sachlichen“ Gespräch und die Schlammschlacht, die sich die gespaltene Union in den Medien liefert – all das trägt Petke vor. Er ist bedacht, niemanden zu attackieren. „Es ist ein Gebot der Vernunft, die öffentliche Diskussion zu beenden und Differenzen intern auszutragen“, mahnt er. Es sei an der Zeit, die politischen Geschicke wieder in die Hand zu nehmen und das Profil der CDU zu schärfen. Dass Petke, der Hardliner, bei seiner Werbetour durch die Ortsverbände – Stahnsdorf war seine 20. Station – eine „leidenschaftliche und seriöse Familienpolitik“ predigt, verwunderte den ein oder anderen. Als Familienvater habe er eben die notwendige Sensibilisierung erfahren, antwortet Petke. Er plädiere für eine Politik, die die Mittelschicht entlaste. Denn diese trage mit ihren Sozialversicherungsabgaben die gesamte Last der Gesellschaft, habe bei Kita-Kosten indes die höchsten Beiträge zu zahlen, bekomme bei Bafög-Anträgen ihrer Kinder ablehnende Bescheide. Das sei unausgewogen, deshalb müsse die Schicht der Arbeitnehmer im Mittelpunkt christdemokratischer Familienpolitik stehen, so Petkes Schlusswort im öffentlichen Teil des Abends. Ortsparteichef Weiß sah danach keine Veranlassung sich zu revidieren: „Wir stehen immer noch hinter Herrn Petke“, zumal sich der Vorwurf einer bewussten Überwachung des E-Mail-Verkehrs durch Petke in „Schall und Rauch“ aufgelöst habe. Und so verabschiedete Weiß die Presse – entgegen aller Vorzüge der gewonnenen demokratischen Freiheiten – bevor es zum wirklichen Meinungsaustausch kam. Den wollte er dann lieber doch hinter verschlossenen Türen geführt wissen.

Doch es wurde auch dann kein Tribunal, wie von Teilnehmern der Runde zu hören war. Im Gegenteil: Am Ende des Abends habe es breite Zustimmung zu Petke und zu seinem programmatischen Ansätzen gegeben. Petke habe sich geweigert, auch nur ansatzweise Kritik an seinen parteiinternen Kritikern zu üben. Fragen nach der E-Mail-Affäre habe er ausführlich und klar beantwortet. Die Bundespolitik? – Petke verteidigte geschickt und mit Fakten Kanzlerin Merkel und die Politik der großen Koalition in Berlin. Nach seinem Verhältnis zu Landeschef Schönbohm gefragt, habe Petke mehr von den guten Zeiten und weniger von den derzeit schlechten gesprochen.

Je länger sie reden an diesem Abend im „Geranienhof“, desto mehr gerät ein anderer in die Kritik der Stahnsdorfer Christdemokraten: der hier heimische Landtagsabgeordnete Jörg Schönbohm. Dass der Noch-CDU-Landeschef kaum Wahlkreisarbeit leistet, ist man gewöhnt. Auch, dass er kurz vor Wahlen dazu neigt, politische Fehler zu machen oder all zu schroff und polternd auf den politischen Gegener losgehe, sei ja bekannt. Aber, dass ausgerechnet Schönbohm am Wochenende in Interviews die Partei wieder in die Schlagzeilen gebracht hat, versteht an diesem Abend in Stahnsdorf niemand. Bekömmlich ist es den Parteifreunden ohnehin nicht mehr: „Denn inzwischen“, so Weiß, „macht Zeitunglesen übel.“

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