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... wo gehobelt wird: Auch der Containerhof der Firma Richter soll mit dem Flächennutzungsplan legalisiert werden.

© Andreas Klaer

Geltow: Krach um die Firma Richter

Die Geltower Ortsbeiratssitzung am Montagabend ist heftig daneben gegangen. Die „Richter Recycling GmbH“ am Ortsrand ist endgültig zum Zankapfel geworden: Anwohner fordern jetzt, dass der Firmenstandort wegen des Krachs verlegt wird.

Stand:

Schwielowsee - Die Geschäftsführung will davon nichts wissen. Dabei blieb es bis zum Ende der dreistündigen Zusammenkunft im Sitzungssaal des Feuerwehrdepots. Ein Angebot des Unternehmens, die Lärmbelästigung zu verringern, wurde nur am Rande diskutiert. Rund 50 Bürger waren zur Ortsbeiratssondersitzung gekommen, deren einziges Thema eine Einigung zum Firmenstandort am Ende der Wildparkstraße war.

Aufgeschreckt durch das Flächennutzungsplanverfahren war die Befürchtung laut geworden, dass am Ortsrand ein Industriepark entsteht. Tatsächlich soll der Status des Firmenstandorts abgesichert werden: Statt Teil eines Mischgebiets, in dem erhebliche Zugeständnisse zu benachbarten Wohnhäusern zu machen sind, soll er im neuen Flächennutzungsplan Gewerbegebiet werden. Auch ein Containerhof im Landschaftsschutzgebiet, eine benachbarte Enklave auf freiem Feld, soll legalisiert werden – wenn auch unter erheblichen Umweltauflagen. „So was gehört ins Gewerbegebiet Ferch, und nicht in unsere Wohnsiedlung“, wetterte ein Anwohner und beschwerte sich auch über herumfliegenden Müll im benachbarten Wald. Es war am Montagabend noch einer der höflicheren Einwürfe.

Hinter dem ganzen Ärger steckt an sich eine Erfolgsgeschichte: Nachdem Jens Bahnemann vor elf Jahren die Firma Richter übernommen hatte, baute er sie von einer Bauschuttentsorgungsfirma zur Recyclingschmiede aus. 20 verschiedene Plastesorten werden sortiert, zerkleinert und vermahlen, um sie in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Auch Papier wird sortiert. Mit rund 70 Mitarbeitern soll die Firma unter den wichtigsten Steuerzahlern in der Gemeinde sein.

Besonders seit 2010 sei der Standort ausgebaut worden, so Bahnemann: Eine Sortierhalle und eine eigene Tankstelle kamen dazu, voriges Jahr eine zweite Halle. Eine dritte ist geplant, auch ein neuer „Bürokomplex“. Die Mitarbeiterzahl soll noch erheblich wachsen. Millionen seien bereits investiert worden, so Bahnemann, an einen Umzug sei nicht zu denken. „Das ist schlichtweg unmöglich, wir müssen zusammen eine Lösung finden. „Diese Art von Gewerbe muss möglich sein.“

Er versicherte, dass die Expansion „mit einer Unmenge von Auflagen“ vom Landesumweltamt immissionsschutzrechtlich genehmigt wurde. Seine Bauanträge müsse er für die beteiligten Behörden in 17-facher Ausführung einreichen, auch ein Immissionsschutzgutachten wurde erstellt. „Wir bleiben unter den Lärm- und Abgasgrenzwerten“, so Bahnemann.

Manches sei auch nachträglich genehmigt worden, wie es von Seiten des Rathauses Schwielowsee hieß. Auch Zusagen gegenüber Anwohnern wurden offenbar nicht immer eingehalten. „Das war nicht vertrauensfördernd“, so Ortsbeiratsmitglied Friedhelm Schmitz-Jersch (SPD). Die SPD hatte sich als einzige Fraktion im Gemeinderat häufig skeptisch zur Expansion der Firma geäußert.

Wie ein so großer und lautstarker Firmenstandort mit Sägen, Schneidmühlen, Schreddern und Dutzenden Lkw-Anfahrten überhaupt in einem Mischgebiet wachsen konnte, dahinter setzte Sebastian Rhode, dessen Planungsbüro derzeit den Flächennutzungsplan erarbeitet, ein dickes Fragezeichen. „Das wäre heute sicher nicht möglich.“ Die Gemeinde, auch das wurde deutlich, hat der Firma derweil in all den Jahren den Rücken freigehalten und den Standorterweiterungen zugestimmt. Richter ist nicht nur Arbeitgeber und Steuerzahler, sondern auch Sponsor von Vereinen und Gemeindeaktivitäten, er expandierte in gutem Glauben.

Die Nachbarn interessiert das wenig: Von zahlreichen schriftlichen Eingaben berichteten Bürger am Dienstagabend: Bis in die Nacht und auch am Samstag gebe es Lärm. „Zu Zeiten, wo wir nicht mal den Rasenmäher anschalten dürfen“, schimpfte eine Bürgerin. Die Firma hat die Erlaubnis, wochentags von 6 bis 22 und samstags von 7 bis 14 Uhr zu schaffen. Kerstin Murin vom Bauamt der Gemeinde berichtete, dass die Zahl der Beschwerden rückläufig ist, offenbar ist es mit den ersten Werkhallen schon ruhiger geworden. Auch der dritte Hallenbau soll dazu beitragen. Gestern kam noch der Bau neuer Lärmschutzwände ins Gespräch. Das Rathaus wird Bahnemann wohl empfehlen, einen Fachmann zu beauftragen, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.

Um seinen Containerhof zu legalisieren, muss er zudem die Zufahrtstraße asphaltieren und an den Rändern begrünen. Dazu benötigt er Grundstücke, ein erster Eigentümer erklärte schon am Montagabend: „Von mir bekommen’se nischt.“ So viel scheint seit Dienstagabend sicher: Im Flächennutzungsplanverfahren wird die Firma Richter das Kernthema werden. Noch bis zum 2. März liegt der Planentwurf im Rathaus aus, auch unter schwielowsee.de ist er einzusehen. Bürger können in dieser Frist ihre Stellungnahmen abgeben – auch noch etwas länger, wie das Rathaus zusagte. Aus Geltow sind einige zu erwarten.

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