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Akribisch Tagebuch geführt. Erika Zimmermann als junge Frau.

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Aus dem Tagebuch einer Elsholzerin: Kriegserinnerungen werden vorgestellt

Beelitz - Es waren Tage zwischen Resignation und Hoffnung. Im April 1945 kam der Krieg nach Elsholz und mit ihm die Soldaten: zuerst die Rote Armee, dann Deutsche, dann wieder die Sowjets.

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Beelitz - Es waren Tage zwischen Resignation und Hoffnung. Im April 1945 kam der Krieg nach Elsholz und mit ihm die Soldaten: zuerst die Rote Armee, dann Deutsche, dann wieder die Sowjets. Mehrmals wechselte der Beelitzer Ortsteil die Front und wurde zum Schauplatz schwerer Kämpfe. Die Einwohner verbarrikadierten sich in einem Bunker am Ortsrand oder im Keller. „Wie wir dann nach oben kommen, steht gegenüber in der Tür ein großer junger Russe“, notierte die Elsholzerin Erika Zimmermann damals in ihr Tagebuch. „Sein Gewehr hatte er über der Schulter und er winkte uns traurig zu und sagte: ,Alles kaputt.’“

Erika Zimmermann hat akribisch festgehalten, was sich während der letzten Monate des Zweiten Weltkrieges und danach in Elsholz ereignete. Sie berichtet über Alltägliches wie das Beschaffen von Lebensmitteln oder Gerüchte über den Kriegsverlauf und über einschneidende Erlebnisse, vor allem in den Tagen Anfang Mai, als Tausende versprengte Wehrmachtssoldaten nach der Kesselschlacht bei Halbe durch Elsholz in Richtung Westen zogen, um sich an der Elbe den Amerikanern zu ergeben. Manche Einwohner gingen mit ihnen, die meisten aber blieben im Ort. Sie machten in den folgenden Zeiten schlimme, aber zum Teil auch schöne Erfahrungen mit den Besatzern.

Das Tagebuch ist ist ein Spiegel des Lebens in einem märkischen Dorf, während die Welt im Umbruch war. Jetzt wird es einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt – von Frau Zimmermanns Tochter Gertraud Kämmerer. Die pensionierte Lehrerin wird am 27. Mai um 15 Uhr in der Elsholzer Kirche daraus vorlesen. „Meine Mutter hat ihr Tagebuch bis 1952 weitergeführt. An einige Dinge kann ich mich sogar selbst noch unmittelbar erinnern“, sagt sie. An das Durcheinander zum Beispiel während der letzten Kriegstage und an den Wiederaufbau.

Erika Zimmermann wurde 1914 in Genschmar im Oderbruch geboren, 1921 kam sie mit ihren Eltern nach Elsholz. Die Familie übernahm eine kleine Landwirtschaft. Als junge Frau hat sie Klavier und Orgel gespielt und bei Festlichkeiten in der Kirche ausgeholfen. Als der Krieg nach Elsholz kam, war sie 31 Jahre alt und hatte zwei kleine Töchter. Nach 1945 half sie beim Wiederaufbau unter anderem des Konsums und versorgte ihre Familie aus dem eigenen Garten. Im Winter hat sie vor allem gelesen – und geschrieben. Erika Zimmermann verstarb im vergangenen Jahr – im Alter von 100 Jahren. hkx

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