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Tod im Huckepack: Einige Kröten-Paare legen die Strecke gemeinsam zurück. Burghard Sell, seine Frau Petra und Jörg Dorowski (r.) wollen sie retten.

© Dorowski, tor

Von Tobias Reichelt: Krötenretter in Güterfelde im Einsatz Naturschützer wollen einen Tunnel für die Tiere

Stahnsdorf - Mit einer grellen Warnweste bekleidet stochert Burghard Sell mit einem langen Stock vorsichtig am Straßengraben umher. „Heute war nur eine Kröte in den Eimern“, sagt Sell.

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Stahnsdorf - Mit einer grellen Warnweste bekleidet stochert Burghard Sell mit einem langen Stock vorsichtig am Straßengraben umher. „Heute war nur eine Kröte in den Eimern“, sagt Sell. Immerhin: Tote gibt es diesen Morgen nicht zu beklagen, erzählt er und blickt über die Landesstraße 77 am Ortsausgang von Güterfelde. Noch vor einigen Tagen haben Sell und seine Mitstreiter hier am Haussee Hunderte überfahrene Erdkröten gezählt. Sie wanderten zum Laichen über die Straße – jetzt schützt ein Zaun die Tiere vor dem oft tödlichen Unterfangen.

In ehrenamtlicher Arbeit haben der Potsdamer Burghard Sell, seine Frau Petra und der Kleinmachnower Naturschützer Jörg Dorowski einen etwa 350 Meter langen Zaun rechts und links des Güterfelder Ortsausgangs aufgebaut. „Die einsamen Männchen gehen gerne auf die Straße“, sagt Burghard Sell. Sie kommen aus dem Wald und wollen zum Wasser. Auf der ebenen Fahrbahn fielen die Weibchen den einsamen Kröten gut ins Auge – der Ausblick ist gut, im Liebesrausch blieben die Tiere sitzen. „Was denken sie, wofür ich meinen Stock habe?“, fragt Sell und wirbelt damit umher, bis die Spitze zu sehen ist. „Damit kratze ich die Kröten von der Straße – das ist ’ne Wirtschaft.“

Anfangs wollte es das Ehepaar nicht glauben, als ihnen Auto- und Busfahrer massenhaft tote Kröten am Güterfelder Ortsausgang meldeten. „Manchmal war es dort so schmierig wie im Winter, die trauten sich kaum zu bremsen“, erzählt Burghard Sell von den Berichten der Autofahrer. Als die Naturschützer Mitte März das erste Mal vor Ort eintrafen, erging es ihnen ähnlich. Auf Anhieb zählten sie 36 tote Kröten. Am nächsten Tag waren es dreimal so viele.

„Wir hatten noch 20 Meter Reservezaun im Kofferraum von unserem Einsatz an den Nudower Teichen“, erzählt Sell. Dort ist er schon seit Jahren aktiv. Schnell wurde der Notzaun aufgebaut und bis heute Stück für Stück verlängert. Das Material wird von der Unteren Naturschutzbehörde bezahlt. Alle paar Meter sind kleine Eimer vor dem Zaun eingegraben.

Jörg Dorowski, Ingenieur im Vorruhestand, kümmert sich wie die Sells zweimal in der Woche um den Krötenzaun. Auch andere Freiwillige helfen mit. „Die Tiere verspüren einen inneren Druck zu laichen“, sagt Dorowski. Immer wieder würden die Kröten gegen den Zaun springen. „Erst versuchen sie es links, dann rechts.“ Irgendwann landen die meisten in einem der Eimer. Knapp 1000 Tiere haben die Naturschützer schon gefangen und anschließend sicher über die Güterfelder Seestraße getragen. Die Zahl der toten Tiere ist rapide gesunken.

Auch wenn der Ansturm auf das Laichgewässer abflaut, müssten die Eimer täglich kontrolliert werden. „Ein paar Trödler finden wir noch“, sagt Dorowski. Mittlerweile machten sich die ersten auf den Rückweg. Erdkröten leben an Land. Im August setzt dann die dritte Welle ein. Dann kriechen die Jungtiere aus dem Wasser. „Wir können nicht das ganze Jahr herkommen“, sagt Dorowski. Er fordert eine dauerhafte Lösung.

Die böte sich an: Im Juni soll ein Kreisverkehr am Güterfelder Ortsausgang nach Phlippsthal und Schenkenhorst gebaut werden – genau dort, wo die Kröten wandern. Für sie könnte eine Art Tunnel entstehen, auch zur Sicherheit der Autofahrer, sagt Dorowski. Bislang fehlten entsprechende Planungen.

Die Krötenretter suchen in Güterfelde noch Helfer. Interessierte melden sich bitte unter Telefon (0331) 8712109.

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