Potsdam-Mittelmark: Kunst statt Supermarkt
Protest von Michendorfer Kulturschaffenden
Stand:
Michendorf - Randsteine und moderne Supermärkte, das hat doch jeder. Einmalige Ortsbilder und viele Kulturschaffende, wie es sie in Michendorf gibt, hingegen nicht, sagte der Künstler Horst Halling vom Michendorfer Kulturbund. „Man muss sich klarmachen, was hier schützenswert ist.“ Am Mittwochabend diskutierten bei einer SPD-Veranstaltung in Michendorf rund 40 Kulturschaffende und -interessierte mit dem Kultusstaatssekretär Martin Gorholt über die Förderung von Kunst und Kultur in der Gemeinde.
Die Michendorfer Verwaltung, so der Eindruck der Anwesenden, habe wenig Sinn für Kultur. Die Kritik war groß: „Wieso muss man die Straße zwischen Wildenbruch und Langerwisch noch weiter ausbauen“, fragte Historiker Rainer Paetau aus Wilhelmshorst. Statt der Autos sollten dort zukünftig nur noch Radler und Inline-Skater entlangrollen. Am Wegesrand könnten zudem Skulpturen von Michendorfer Bildhauern stehen. In anderen Gemeinden, wie zum Beispiel in Beelitz, würden es die Rathauschefs gut hinbekommen, die Kultur zu fördern. „Ein Bürgermeister sollte nicht nur die Mehrheiten moderieren“, so Paetau. Mittlerweile ist der Vorsitzende der Freunde und Förderer der Wilhelmshorster Ortsgeschichte so entmutigt, dass er überlegt, sein ehrenamtliches Engagement aufzugeben. Der Historiker hatte bisher an Ortschroniken mitgearbeitet, Ausstellungen organisiert und Interessierte aus allen sechs Ortsteilen für die Geschichte der Gemeinde begeistert.
Kritik kam auch von den Künstlern: Der Michendorfer Bildhauer Hans-Ulrich Kittelmann beklagte, dass in der Gemeinde viele Bäume abgeholzt würden, „aber das Holz, das sehen wir nie“. Dabei würde Kittelmann gerne mehr Holz aus seinem Ort zu Skulpturen verarbeiten. Auch einen Besuch von Gemeindevertretern oder anderen Kommunalpolitikern in seinem Atelier würde er sich wünschen. „Die Arbeit der Künstler soll hier im Ort stärker wertgeschätzt werden.“
Dass die Kultur in Michendorf stiefmütterlich behandelt werde, sagte auch Ulrike Braun, die Vorsitzende des Fördervereins des Theaters Kleine Bühne. Laut einem Papier des Landratsamtes zähle Michendorf zu den wichtigen Kunst- und Kulturzentren im Landkreis. „Aber wieso bekennt sich hier niemand dazu“, fragte Braun erstaunt.
Ein weiteres Problem sei, dass in der Gemeindevertretersitzung Kunst- und Kulturthemen selten auf die Tagesordnung kommen, so der Sozialausschussvorsitzende Gerhard Mühlbach (SPD). Er forderte, einen Kunst- und Kulturausschuss nach den Kommunalwahlen einzurichten. Doch auch mit den neu gewählten Gemeindevertretern seien die Chancen gering, dass künftig Kultur und Kunst stärker im Vordergrund stehen würden.
Bleibt das Engagement der Kommunalpolitik weiterhin bescheiden, „müssen die Michendorfer die Dinge noch stärker selbst in die Hand nehmen“, forderte Andree Halpap von den Grünen. Dass das funktioniere habe seine Lärmschutzinitiative gezeigt. Die hat ohne die Hilfe der Gemeindevertretung erkämpft, dass beim Ausbau der Autobahn 10 höhere Lärmschutzwände und Flüsterasphalt eingebaut werden sollen.Eva Schmid
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: