Potsdam-Mittelmark: Kuscheln und treten
Die Alternative zum Tandem: Ein Wiesenburger Familienbetrieb hat das erste Kuschelrad erfunden
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Wiesenburg - Fahrrad fahren und dabei flirten? Wie geht denn das? Spätestens wenn sich die Lenker von zwei normalen Drahteseln ineinander verkeilen und die Turteltauben auf dem Asphalt liegen, ist es mit dem Flirt vorbei.
„Mit dem Cuddlebike passiert so was nicht“, verspricht der Wiesenburger Kristian Brömme. Cuddle – auf Deutsch Kuscheln – ist auf der Erfindung seines Vaters ausdrücklich erwünscht. Dafür wurde das Kuschel-Fahrrad, das eine Mischung aus Tandem und dem gemütlichen Bonanza-Rad ist, sogar extra gebaut. Der Werbeslogan der Brömmes lautet: „Beim Cruisen schmusen.“ Ein Fahrrad, um Ehekrisen zu besänftigen oder Eindruck beim ersten Date zu schinden?
„Wieso nicht! Heute gehen wir doch alle immer mehr zueinander auf Distanz. Etwas mehr umarmen hilft dabei, sich wieder näher zu kommen“, erklärt Brömme. Das erinnert an die US-amerikanische Mode, die auch vor rund sieben Jahren nach Deutschland geschwappt ist: die so genannten Kuschelpartys. Dort treffen wildfremde Menschen aufeinander, streicheln und umarmen sich. Sex ist dabei tabu.
Aneinanderschmiegen, Nackengraulen und Rückenmassage – das geht auch auf einem Cuddlebike. Brömme vergleicht es mit dem Gefühl wie auf einem Motorrad. Dort muss man sich meist auch um den Vordermann schlingen, wenn man nicht runterfallen will. Ähnlichkeiten mit einem Tandem hat das Doppelsitzerrad aber nicht. Das betont Kristian Brömme immer wieder: Anders als beim Tandem hat das Rad keine Übergröße. Es ist mit seinen 1,80 Metern genauso lang wie ein gewöhnliches Rad. Auch wenn es mit seinen 22-Zoll-Reifen und dem schmalen Sattel auf den ersten Blick viel länger wirkt. Und es ist erstaunlich wendig. Eine zweite Besonderheit sind die Doppeltrittleisten. Sitzt man einmal auf dem recht gemütlichen Sattel, in den man wie auf ein Sofa einsinkt, dann dauert es einige Sekunden, bis man den Dreh raus hat. Anfangs ist der Tritt auf so einer Leiste noch ungewohnt. Schnell geht die mechanische Kreisbewegung in einen einfachen Rhythmus über. Das Treten scheint sogar leichter als auf normalen Pedalen.
Die Trittleiste war es denn auch, die zur Erfindung des Cuddlebikes führte. Jürgen Brömme, der Vater von Kristian Brömme, arbeitet im Metallbau und ist ein leidenschaftlicher Bastler und Erfinder. „Eigentlich hatte er an einem Step-Hometrainer gearbeitet“, erinnert sich der Sohn. Das habe aber nicht so gut geklappt, die Trittleisten für den Stepper waren schon konzipiert, die Idee zum Doppelsitzerrad war geboren. „Und da haben wir nach einem eingänglichen Namen gesucht.“ Entstanden ist das Cuddlebike. Der Wiesenburger Familienbetrieb will die Räder auch international verkaufen. Während der Vater die Ideen entwirft, kümmern sich seine zwei Söhne, Kristian und Alexander Brömme um den Vertrieb und das Marketing. „Wir haben alle noch unsere Jobs – unsere Freizeit gilt dem Kuschelrad.“
Für Stadtrundfahrten, kurze Strecken oder Alltagserledigungen sei das Rad ideal. Lange und bergige Touren könne er damit nicht empfehlen, so Brömme. Wenn man einmal in Schwung gekommen ist, läuft das Trittbrett dann auch wie von alleine. Vermarkten wollen die Brömmes, die sich ihre Idee auch gleich patentieren haben lassen, vor allem an Fahrradhändler und Radverleihstationen. Zwei Jahre haben sie gebraucht, bis aus der ersten Idee ein fertiges Rad entstand. Gebaut werden die 22-Kilo schweren Treter in einer Fahrradmanufaktur in der Oberlausitz. Dort können sie auch mit einem Elektromotor ausgestattet werden. Auch weitere Sonderwünsche wie einen breiteren Sattel, eine 7-Gang-Schaltung oder Sonderfarben sind möglich. Die Grundausstattung mit einer Drei-Gang-Schaltung kostet 1199 Euro.
Besonders für Camper sei der Schmuse-Cruiser ideal. „Wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist, hat man wenig Platz – da ist es praktisch, nur ein Rad zu haben, das zwei Leute nutzen können“, so Brömme. In Planung ist derzeit auch ein Kinder-Cuddlebike. Und wer keine Lust auf Kuscheln hat, aber dennoch gemütlich vorankommen möchte, kann auch alleine mit dem Cuddlebike fahren. Das sieht dann etwas einsam und traurig aus – aber Rad fahren und schmusen muss ja auch nicht ständig sein. Eva Schmid
Mehr unter www.cuddlebike.de
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