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Gekappt. Zäune versperren seit kurzem die alten Wege über die Buschwiesen.

© Kirsten Graulich

Potsdam-Mittelmark: Landnahme in Teltows Buschwiesen

Empörung, weil das Landschaftsschutzgebiet zunehmend zum Pferdeland wird / Stadt will Gerichtsentscheid abwarten

Stand:

Teltow – Eines Morgens war der Buschwiesenweg gekappt. Die Teltowerin Christel Schulze stand vor einem Koppelzaun und schaute verdutzt auf das Hindernis, das ihrem morgendlichen Spaziergang mit dem Hund entgegenstand. Zwar war ihr nicht entgangen, dass seit dem Frühjahr Stück um Stück der Buschwiesen für Pferdehaltung eingezäunt wurden, aber „dass jemand so weit geht und den Weg sperrt, hab ich nicht für möglich gehalten“, sagt sie.

Nicht nur Christel Schulze überraschte die rigorose Landnahme, auch Spaziergänger, Jogger und Radfahrer, die den Weg täglich nutzen, standen fassungslos vor den baulichen Hürden, um fluchend am Rand der Koppel entlangzustolpern. Erst vierzehn Tage später wurde dort ein neuer Weg freigemäht, aber der sei abschüssig und holprig. „Viele fahren hier mit dem Rad zur Arbeit oder zur S-Bahn“, weiß Schulze – und dass der Weg durch die Buschwiesen hier schon seit über 80 Jahren entlangführt.

Als Wanderweg wird der Pfad zwischen Iserstraße und Ruhlsdorfer Straße ausdrücklich im Teltower Stadtwegeplan von der Lokalen Agenda empfohlen. Deren „Arbeitsgruppe Grünausgleich“ sieht die Einkopplungen von mehr als zehn Hektar Wiesenfläche als Bedrohung des Naturraumes, dessen Pflanzenvielfalt auch Heimat zahlreicher Tiere ist. Mit einem Naturerlebnistag am kommenden Sonntag ab 14.30 Uhr wollen die Agenda-Akteure für das Thema sensibilisieren, auch um den Verlust an Erholungsflächen deutlich zu machen.

Die Kunde von der Landnahme drang auch ins Rathaus. Eine Bürgerinitiative hatte Hilferufe an die Verwaltung gerichtet – in der Hoffnung, das Amt würde den Weg wieder freimachen und weiteren Einzäunungen auf den Wiesen Einhalt gebieten, um das Naherholungsgebiet nicht weiter zu beeinträchtigen. „Die Situation ist nicht befriedigend“, meinte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) auf der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass es sich nicht um kommunale Flächen handle, sondern um Privatland, das verpachtet wurde.

Lars Müller vom Sachgebiet Bau/Grün erklärte dazu: „Der Status Landschaftsschutzgebiet ist leider der schwächste Status.“ Müller war bereits mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Bauamt des Landkreises vor Ort, um sich ein Bild zu machen. Klar sei, so Müller, dass es keine schnelle Lösung geben werde: „Wir müssen den Ausgang des Gerichtsverfahrens abwarten.“ Das Gericht soll prüfen, inwieweit der derzeitige Pächter der Wiesen als Landwirt privilegiert sei und in großem Umfang Viehhaltung betreiben dürfe, so Müller. Fassungslos konstatierte Parlamentschef Berndt Längrich: „Es gibt nun bereits zwei Unterstände auf den neuen Koppeln. Das zeigt, wie ohnmächtig wir sind.“

Wie schnell das Beispiel Schule macht, hat der Stadtverordnete Reinhardt Frank (Linke) auf den Hollandwiesen beobachtet. Auch dort würde nun fleißig eingezäunt. Unangenehme Begleiterscheinung der Pferdehaltung seien zudem zerrittene und zerfahrene Wege, schimpft Frank. Auch viele Bürger sind enttäuscht, Petra Lehmann befürchtet gar, dass die Flächen eines Tages zu Bauland werden könnten.

Dabei hatte Teltows Beigeordnete Beate Rietz noch vor einem Jahr klargestellt: „Es ist nicht im Sinne der Stadt, dort noch mehr Viehhaltung zu realisieren.“ Anlass waren seinerzeit eine kleine Rentierfamilie und zunehmende Pferdehaltung. Die Rentierfamilie musste gehen, die Pferde blieben und ihre Zahl nahm zu. Das „Schutzgut Mensch“ habe ein Recht auf Spaziergänge im Landschaftsschutzgebiet, so das Argument vor einem Jahr. Das müsse auch jetzt noch gelten, fordert die Bürgerinitiative.

Kirsten Graulich

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