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Unter Spannung. Otto Schönbach organisiert die Tour der Elektroautos durch Deutschland, auf der die Flitzer schon mehr als 1 000 Kilometer abgespult haben. Einen Twizy, mit dem die meisten Fahrer unterwegs sind, hat auch die Gemeinde Nuthetal. Die Stadt Beelitz bekommt einen Renault Zoe (r.).

© Enrico Bellin

Potsdam-Mittelmark: Lautlos durch Kleinmachnow

Elektroautos werden alltagstauglich, doch Kreis und Kommunen halten sich beim Kauf zurück

Von Enrico Bellin

Stand:

Kleinmachnow - Lautlos fahren die frechen Flitzer an das Kleinmachnower Rathaus. Unter dem Motto „Deutschland, wir kommen“ fahren derzeit sechs Bayern mit ihren Elektroautos mehrere Tausend Kilometer durch das Land. Am Montagabend machten sie Station an der Elektrotankstelle des Rathauses.

„Wir haben bereits mehr als 1000 Kilometer runter und sind ohne größere Probleme unterwegs“, sagt Otto Schönbach, Organisator der Tour. Die Elektroenthusiasten wollen beweisen, das ihre Fahrzeuge längst keine Nischenprodukte mehr für gutbetuchte Ökos sind, sondern alltagstaugliche Fortbewegungsmittel. „Wir haben grobe Fixpunkte für die Tour vorgeplant, aber die einzelnen Etappen entscheiden wir spontan“, so Schönbach. Im Durchschnitt fahren sie 60 Kilometer pro Etappe, die Fahrzeuge – fünf Renault Twizy und ein Twike – schaffen etwa 100 Kilometer mit einer Akkuladung. Wo die nächste Ladestation ist, kann man auf Portalen im Internet erfahren. Da das Auto aber auch über ganz normale Steckdosen geladen werden kann, tanken sie gelegentlich auch in Restaurants nach.

Brigitte Hadler fällt in der Gruppe mit ihrem Twike, Baujahr 2000, etwas aus der Reihe bei den sonst nur ein bis drei Jahre alten Flitzern. Sie kann dafür mit Langzeiterfahrung glänzen. „Ich habe jetzt schon 65 000 Kilometer mit dem Auto runter, ohne dass der Akku nachgelassen hat.“ Auch sie würde nie wieder auf einen „Verbrenner“ umsteigen, eine Tankfüllung koste sie durchschnittlich 1,50 Euro.

„Die Vorurteile, die gegen Elektroautos gebracht werden, sind oft nichts weiter als Stammtischparolen“, sagt Julian Affeldt von der Interessengemeinschaft Elektromobilität Berlin-Brandenburg. Ihm fehlt in der Region Einsatzbereitschaft. So müsse sich Kleinmachnow endlich ein Elektrofahrzeug für die Verwaltung anschaffen, auch eine elektrische Straßenkehrmaschine sei als Ersatzanschaffung sinnvoll. Die sei zwar teurer als vergleichbare Benzinmodelle, aber um die Klimaziele der Gemeinde zu erreichen, müsse jetzt mit der Umstellung angefangen werden. Laut Rathaussprecherin Martina Bellack werde man sich erst ein Elektroauto anschaffen, sobald eines der Fahrzeuge, mit dem die Verwaltung bisher in der Gemeinde unterwegs ist, ausrangiert werden muss.

Die einzige Kommune im Kreis, die derzeit ein Elektroauto besitzt, ist Nuthetal. Auch hier hat man sich für den Twizy entschieden, der seit sechs Wochen im Einsatz ist. „Wir haben viele positive Erfahrungen gemacht“, sagt Bauamtsleiter Rainer vom Lehn. Die anfängliche Skepsis einiger Mitarbeiter vor der Fahrt ohne Motorgeräusche habe sich gelegt, der Fahrspaß überwiege. Fahrten zur Tankstelle seien nicht mehr nötig, am Rathaus gebe es genügend Steckdosen. Auch für längere Strecken eigne sich das Auto, so sei vom Lehn darin schon nach Teltow und zurück gefahren.

Auch die Stadt Beelitz schafft sich in den nächsten Tagen ein Elektroauto an, einen Renault Zoe. Laut Stadtsprecher Thomas Lähns habe die Verwaltung drei Modelle getestet, der Zoe schien für den Alltagseinsatz am geeignetsten. „Wir installieren noch in dieser Woche eine Zapfstelle neben dem Rathaus, dann holen wir das Auto“, so Lähns. Für Beelitz wird das die zweite Ladestation, eine öffentliche gibt es bereits in der Innenstadt.

Über die Anschaffung von Elektroautos werde laut Landrat Wolfgang Blasig (SPD) auch in der Kreisverwaltung nachgedacht. „Wir wollen den Fuhrpark peu à peu umstellen, wo es eben geht.“ Wann das erste Elektroauto angeschafft wird, konnte Blasig jedoch nicht sagen. „In diesem Jahr wird es nichts mehr.“ Auch sei noch zu prüfen, für welche Einsatzbereiche sich die „Stromer“ eignen. Noch in diesem Jahr will der Kreis aber an vier Stellen Ladesäulen installieren. „Wir wollen ernstmachen in Sachen Elektromobilität“, so Blasig. Dafür arbeite man mit den Brandenburger Stadtwerken zusammen, die schon Ladesäulen betreiben.

An Stationen zum Stromtanken fehle es im Landkreis noch, sagt der Kleinmachnower Julian Affeldt. „Wir versuchen derzeit, eine Schnellladestation im Europarc zu etablieren.“ Die Wirkung der Ladesäulen werde oft unterschätzt, die am Rathaus werde sehr gut genutzt. „Die Menschen verbringen dann eine halbe Stunde hier, gehen essen und bekommen ein gutes Bild der Gemeinde.“ Diesen Werbeeffekt müssten noch weit mehr Kommunen für sich entdecken.

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