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Potsdam-Mittelmark: Legale Flächen für Graffiti-Sprayer gesucht

Ein erster Erfolg für das Beelitzer Jugendparlament

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Ein erster Erfolg für das Beelitzer Jugendparlament Von Kathrin Klinkusch Beelitz. Die jungen Männer kommen mit weiten Jeans und Turnschuhen, die jungen Frauen tragen Hüfthosen und Minirock - im Bürgerhaus von Beelitz tagt das Jugendparlament. „Wir wollen was in unserer Stadt verändern“, sagt der Vorsitzende Philipp Käthe. Der 18-Jährige bemängelt: „Im Stadtparlament sitzen nur Leute von 30 Jahren aufwärts. Die sind zu weit weg von unseren Themen.“ Die Jugendlichen fordern bessere Busanbindungen nach Schulschluss, neue Radwege und mehr Freizeitmöglichkeiten. Ihrem Beelitzer Parlament gehören 15 Vertreter im Alter von 14 bis 18 Jahren an. An diesem sonnigen Nachmittag ist die Hälfte davon gekommen. Auf dem Programm steht das Thema Graffiti; eingeladen sind auch Abgeordnete des Stadtparlaments. „Über die Schmierereien an Häuserfassaden ärgern sich viele Beelitzer“, berichtet Ortsbürgermeister Peter Koppenhagen (PDS). Graffiti sollten seiner Meinung nach künftig als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, denn noch seien sie nicht strafbar. „Aber vielleicht habt ihr ja eine Idee, wie wir das Problem auch so in den Griff kriegen“, fragt er die Nachwuchspolitiker. Schließlich sei das Stadtparlament für „frische, junge Ideen“ offen. „Graffiti ist für mich Teil der Jugendkultur“, meint der 16- jährige Vorsitzende des Jugendausschusses, Charlie Zapf. Doch nicht alle sind seiner Meinung. „Die Graffitis sehen zum Teil wirklich nicht schön aus“, stellt die 15 Jahre alte Katja Pasternacki vom Stadtplanungsausschuss fest. Die Androhung von Strafe hält aber keiner der Jugendlichen für eine gute Lösung. Vielmehr sollten den Sprayern Wände zur Verfügung gestellt werden. Das Beelitzer Schülerparlament ist die jüngste Neugründung dieser Art in Brandenburg. Inzwischen gibt es landesweit 13 Kinder- und Jugendparlamente, darunter in Brandenburg/Havel, Cottbus, Königs Wusterhausen und Trebbin. „Die Jugendlichen lernen, sich für ihre Interessen einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen“, erläutert Thomas Kropp von der Stiftung Sozialpädagogisches Institut (SPI). Sie fördert eine flächendeckende Einrichtung von Jugendparlamenten. „Wir wollen eine demokratische Jugendbeteiligung in jeder größeren Stadt“, beschreibt Kropp das Ziel. Die Bundesregierung finanziert entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Aktivitäten gegen Rechtsextremismus. Kropp: „Wer selbstständig denkt und mitgestaltet ist nicht so leicht für rechtsradikales Gedankengut zu haben.“ In Schulen und Stadtverwaltungen wirbt er meist mit erfreulicher Resonanz für die Errichtung von Jugendparlamenten. Die Kommunalpolitiker wollen die Jungen an ihre Heimatstadt binden und diese wünschen sich mehr Mitspracherecht. In Beelitz dürfen die Jugendlichen jetzt in den Ausschüssen und im Stadtparlament mitreden - Kropp zufolge eine entscheidende Voraussetzung, um das Jugendparlament auf Dauer zu etablieren. „Nur so fühlen sie sich ernst genommen. Auch müssen Jugendparlamente unabhängig und überparteilich sein. Wer von einer Sache überzeugt ist, kann ohne weiteres zustimmen, ohne sich einer Partei verpflichtet zu fühlen.“ Obwohl erst kurz im Amt, haben die Beelitzer Jungparlamentarier bereits einen ersten Erfolg errungen. Ihr Vorschlag, statt Strafverfolgung erst einmal legale Flächen für Graffiti-Sprayer bereitzustellen, kommt bei den Kommunalpolitikern gut an. Jetzt wird nach geeigneten Gebäuden gesucht und die besten Graffitis sollen auf einem Sommerfest prämiert werden. Katja Pasternacki fühlt sich bestärkt: „Wenn man will, dass sich was ändert, muss man was dafür tun. Immer nur meckern ist leicht.“ Demnächst soll ein weiteres Jugendparlament in Teltow entstehen (PNN berichteten). 40 Schüler haben bereits Interesse angemeldet. Jugendparlament: www.demokratische-kultur.de; www.jugendprojektagentur.de

Kathrin Klinkusch

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