Potsdam-Mittelmark: Leid eines Stadtplaners
Experte aus dem Ort fürchtet um verkehrliche Zukunft / Sondersitzung zur S-Bahn-Trasse abgesagt
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Stahnsdorf - Es ist ein mahnender Appell eines Stahnsdorfers an seine Gemeindevertreter: „Mir zerreißt es mein Stadtplanerherz, wenn ich lesen muss, mit welcher eklatanten Fehlentscheidung sie die Zukunft von Stahnsdorf und der Region aufs Spiel setzen“, erklärte Guido Fründt gestern gegenüber den PNN. Der Stadtplaner sieht Stahnsdorfs verkehrliche Zukunft in der Debatte um den innerörtlichen Radweg zwischen der Potsdamer Allee und dem Güterfelder Damm als Vorläufer einer S-Bahn-Trasse schwinden.
„Es geht hier nicht darum, 80 Menschen zu enteignen, die seit der Wahl ihres Wohnstandortes an der Freihaltetrasse wussten, dass dort einmal die S-Bahn fahren könnte, sondern um 14 000 Einwohner in Stahnsdorf und 50 000 Einwohner in der Region, die endlich verkehrlich adäquat an die Hauptstadt angeschlossen werden wollen“, erklärte der Stadtbau-Experte. Fründt wirbt für einen S-Bahn-Ringschluss von Teltow über Stahnsdorf nach Kleinmachnow: „Es geht um die wirtschaftliche Entwicklung, die gerade im Gewerbegebiet Stahnsdorf einen Schub erfahren könnte und um die Zukunft des Kulturdenkmals Südwestkirchhof, das mit der S-Bahn vom Rohdiamanten zum Juwel für den Tourismus werden könnte“, so Fründt. Für ihn ist das „Entscheidungschaos“ im Planungsprozess ein „Tiefpunkt in der Geschichte der Gemeinde“. Auf der Internetseite Stahnsdorfs habe er herausgefunden, dass fast drei Viertel der Abgeordneten die sich gegen den Radweg aussprachen, entlang der Trasse wohnen. „Diese Gemeindevertreter vertreten nicht, sondern treten die Interessen der Gemeinde“, sagte Fründt. Er hofft, dass sich so wie er, künftig mehr Anwohner zur Wehr setzen und Proteste gegen die „ewigen Blockierer“ organisieren.
Auch die Anwohner und Mitglieder der Interessengemeinschaft gegen die Freihaltetrasse haben sich zu Wort gemeldet. Ihnen war unterstellt worden, im Radwegestreit zwei Bolzplätze der benachbarten Heinrich-Zille-Schule aufs Spiel zu setzen. Die Plätze am Rande der Trasse wurden offenbar ohne Baugenehmigung gebaut, die IG hatte Widerspruch eingelegt. Nun droht der Abriss der Spielfelder. „Keiner will einen Abriss“, teilte IG-Mitglied Günter Köhler mit. „Worum es im Widerspruch geht, ist etwas ganz anderes: Dass sich die Gemeindeverwaltung unter dem Bürgermeister nicht an Recht und Gesetz hält“, so Köhler. Seine Kritik: Anwohner wurden nicht an der Planung beteiligt, es wurden Tatsachen geschaffen. „Bei Nachfragen in der Gemeinde haben wir falsche Antworten oder Halbwahrheiten erhalten“, sagte Köhler. Ein Widerspruchsbescheid steht aus.
Derweil hat Bürgermeister Bernd Albers (BfB) die für Donnerstag geplante Radweg-Sondersitzung abgesagt. Vier Gemeindevertreter könnten nicht teilnehmen, so Albers. Deshalb solle spätestens im Dezember zur erneuten Stimmabgabe aufgerufen werden. Tobias Reichelt
Tobias ReicheltD
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