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Von Hagen Ludwig: Leiser Protest gegen Flugzeuglärm

Staatssekretär Bretschneider in Nuthetal: Keine Chance für Erweiterung des Nachtflugverbots

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Nuthetal - Keine Protestplakate oder wütende Beschimpfungen – sogar ein kurzer, höflicher Beifall nach dem Referat. Für Verkehrsstaatssekretär Rainer Bretschneider (SPD) war das Nuthetaler SPD-Forum zur Flugroutenplanung des Großflughafens BBI am Mittwochabend wohl eine der angenehmsten Veranstaltungen der vergangenen Wochen. Die rund 60 Gäste im Saal der Rehbrücker Anne-Frank-Kita zeigten sich gefasst. Doch auch die Nuthetaler sind tief verunsichert, seit die Deutsche Flugsicherung (DFS) Anfang September den neuen Entwurf der künftigen Flugrouten präsentiert hat.

Nuthetal liegt etwa 30 Kilometer Luftlinie vom BBI entfernt und wird auf alle Fälle betroffen sein vom verstärkten Fluglärm. Nach jetzigem Stand würden die Flugzeuge laut Bretschneider in einer Höhe von 2,7 bis 3,6 Kilometern über die Gemeinde hinwegdüsen, bei Anflügen in mindestens einem Kilometer, größtenteils deutlich höher. Jedenfalls nicht tief genug, um Nuthetal in die Fluglärmkommission aufzunehmen, so Bretschneider. Kriterium bliebe eine Höhe von 2000 Metern bei Abflügen. Ersatzweise könnten 1000 Meter bei Anflügen geltend gemacht werden, da wären die Flugzeuge etwa genauso laut. Darauf hatte Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke) zuvor vergeblich bei Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) gepocht – sie rechnet sogar mit Anflughöhen von 900 Metern.

Auch die zweite zentrale Forderung Hustigs wurde am Mittwochabend von Bretschneider abgeschmettert. Gemeinsam mit anderen Bürgermeistern und Initiativen der Region plädiert sie für eine Ausweitung des Nachtflugverbots auf die Zeit von 22 bis 6 Uhr . Bisher soll es nur von 0 bis 5 Uhr gelten. In den „ Randzeiten“ von 22 bis 0 Uhr und 5 bis 6 Uhr wären laut Bretschneider bis zu 110 Flüge möglich. Daran werde die Landesregierung nicht rütteln. „Weitere Einschränkungen kann es für einen Hauptstadtflughafen vernünftigerweise nicht geben“, so der Staatssekretär. Eine Begründung, die den Gästen zu dünn war.

Schließlich habe Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) jüngst erklärt, das das Kriterium Lärmvermeidung noch vor die Wirtschaftlichkeit gestellt werden soll, hielt die Nuthetalerin Elvira Schmidt entgegen. Beim Nachtflugverbot könne die Regierung zeigen, dass das ernst gemeint sei. Doch Bretschneider legte nach: „Auf einem Hauptstadtflughafen müssen wir wenigstens sicherstellen, dass Geschäftsleute an einem Tag ein europäisches Ziel erreichen und auch wieder zurückfliegen können.“ Vielmehr komme es darauf an, dass mit der Flugroutendiskussion nicht sogar das Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr aufgeweicht werde. Das sei mit der brandenburgischen Landesregierung jedoch nicht zu machen, so der Staatssekretär.

Für eine Änderung der Abflugrouten gebe es indes noch Spielraum. Laut Bretschneider liegen für die nächste Sitzung der Fluglärmkommission 13 neue Entwürfe und Prüfanträge vor. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein – selbst Nuthetalerin – ermunterte ihre Mitbürger, in ihren Forderungen für mehr Lärmschutz nicht nachzulassen und erinnerte an jüngste Erfolge von Bürgerinitiativen unter anderem beim Kampf gegen den Kleinmachnower Schleusenausbau.

Bereits heute liegt die Gemeinde in der Einflugschneise nach Schönefeld – Flugzeuge über den Dächern sind den Nuthetalern bekannt. Doch in welchem Maße wird sich der Verkehr am Himmel verstärken? Diese zentrale Frage konnte auch Bretschneider nicht konkret beantworten. Seit sechs Wochen warte die Landesregierung auf genaue Zahlen von der DFS. So blieb es am Mittwoch beim vagen Versprechen Bretschneiders an die Nuthetaler: „Sie werden auch in Zukunft noch bei offenem Fenster schlafen können.“

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