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Potsdam-Mittelmark: Leselupe, Einpackservice und Defibrillator

Supermärkte, Gaststätten und Apotheken in Teltow können ihre Seniorenfreundlichkeit testen lassen

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Teltow - Karin Brzezicha traut sich nicht so richtig ran. Mit einer Kladde unter dem Arm nähert sie sich dem Kundentelefon inmitten des Teltower Real-Supermarktes an der Oderstraße. „Das es hier so was gibt, ist mir noch gar nicht aufgefallen“, sagt die 70-Jährige und greift zum Hörer. Einmal die „610“ gewählt, und schon klingelt ein paar Schritte weiter das mobile Telefon von Marktleiter Thomas Böhm. „Guten Tag, wie kann ich helfen?“, flötet der gut gelaunte Chef. So einfach kann Service sein – besonders für Senioren, die auf der Suche nach einem helfenden Verkäufer sind. Dafür gibt es einen Haken auf dem Prüfbogen an Karin Brzezichas Kladde.

Seit dem gestrigen Donnerstag können sich Einzelhändler, Gastronomen oder Apotheker in Teltow auf ihre Seniorenfreundlichkeit testen lassen. Wer den Check besteht, darf sich ein Siegel an den Eingang kleben und damit werben. Entwickelt wurde das in der Region bislang einmalige Projekt von der Marketingabteilung der Stadt und dem Seniorenbeirat.

Die Schwierigkeiten für ältere Menschen können im Alltag sehr vielfältig sein, sagte Stadtsprecherin Andrea Neumann. Über 6000 Senioren gibt es in der Stadt. „Oft sind die Unternehmen noch nicht sensibilisiert.“ Als erster Händler hatte sich der Real-Supermarkt dem Test gestellt. „Ich bin richtig aufgeregt, es ist wie in der Schule“, gestand Marktleiter Böhm, als er die Prüfer durch seinen Laden führte.

Mit Maßband wurden Türe, Gänge, der Kassenbereich und Umkleidekabinen vermessen. Während an den Eingängen und auf den Wegen genügend Platz ist, um mit dem Rollstuhl zu wenden, sind Kassen und Umkleiden zu eng. „In anderen Märkten sieht es schlechter aus“, sagt Karin Brzezicha, die für den Seniorenbeirat mitprüfte. Immerhin ist eine Kasse als Seniorenkasse ausgewiesen.

Punkt für Punkt kontrollierten sich die Prüfer durch den Markt: Die Bushaltestelle ist nah dran, Rollstühle werden gestellt, es gibt Leselupen und Einpackhilfen. Auf Anglizismen wurde weitgehend verzichtet. Lediglich die Kosmetikabteilung ist bei Real mit dem Begriff „Beauty“ betitelt. Es gibt Sanitätskästen für den Notfall sowie Bänke zum Ausruhen, auch die Waren stehen nicht zu hoch im Regal.

Wobei das „zu hoch“ für Dieter Heyer eigentlich noch nie ein Problem war, berichtet der Teltower Rentner. Es sind die Sachen, die tief unten stehen, an die er schlecht rankommt. „Da schmerzen Rücken und Gelenke.“ Zufrieden ist Rita Ruinat aus Berlin. „Die Gänge sind breit, ich komme gut durch. Nur der Staubsauger, den ich wollte, ist weg.“ Ein neuer wurde bestellt. „Wir haben ja Zeit, um wiederzukommen“, sagt die Renterin.

Am Ende kann sich Marktleiter Böhm freuen. 90 Prozent der Anforderungen sind erfüllt. „Wir haben unseren Markt so gestaltet, dass jeder Kunde ungehindert einkaufen kann.“ Immerhin sei hier mehr als jeder fünfte Einkäufer über 65 Jahre alt. In zwei Jahren muss sich der Marktchef einer neuen Kontrolle stellen, um das Siegel zu behalten. Bis dahin will er auch einen Defibrillator und einen Lebensmittel-Lieferservice anbieten, um seine Note noch zu verbessern. Tobias Reichelt

Infos für Unternehmen:

www.teltow.de

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