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"Grüße aus der Mark": Leuchtende, gebündelte Energie

Ina Tessnow macht aus ihren Fotoaufnahmen besondere künstlerische Bilder – teilweise mit Gemäldecharakter

Von Sarah Kugler

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Seddiner See - Sanft biegen sich die dicht an dicht stehenden Schilfrohre im Wind, leicht kräuselt sich das Wasser des Seddiner Sees und die Äste des Baumes knarzen leise vor sich hin. Zumindest entsteht dieser Eindruck beim Betrachten von Ina Tessnows Foto, das als solches kaum noch zu erkennen ist. Denn das digitale Verwandeln von Fotos ist das Markenzeichen der Mittelmärkischen Künstlerin, die einen Teil ihrer Arbeiten derzeit unter dem Titel „Grüße aus der Mark" in der Kähnsdorfer Kulturscheune am Seddiner See ausstellt.

Genau dort, auf dem Steg hinter der Kulturscheune ist vor etwa sieben Jahren auch das Foto mit Blick aufs Wasser entstanden. „Das lag ganz lange bei mir im Archiv und ich freue mich sehr, dass es jetzt quasi an den Ort zurückgekehrt ist, an den es gehört", so Tessnow, die hauptberuflich in der Unternehmenskommunikation einer Gesundheitseinrichtung arbeitet. Bearbeitet hat sie das Bild mit einer Technik, die sie erst vor kurzem für sich entdeckt hat und scherzhaft die „Van Gogh-Technik" nennt. Damit breche sie die Ruhe des Motives auf und bringe einfach mehr Bewegung rein, wie sie erklärt. Und tatsächlich sehen die Konturen der Schilfrohre, der Äste und des Wassers aus, als hätte Vincent Van Gogh die Landschaft mit seinem Pinsel eingefangen: Jede Fläche scheint eine Struktur zu haben, nichts ist glatt oder klar.

„Ich versuche mit den verschiedenen Techniken immer die Wirkung des jeweiligen Bildes zu verstärken, das Thema zuzuspitzen", so Tessnow. „Da hier der Wind tatsächlich stark geweht hat, geht die Struktur des Schilfes in verschiedene Richtungen und die Wasseroberfläche wird noch einmal etwas mehr gekräuselt."

Im Laufe der Jahre hat Ina Tessnow schon einige Ausstellungen gefüllt, die Kähnsdorfer ist innerhalb von fünf Jahren ihre zehnte, ein kleines Jubiläum also. Manchmal ist sie mit ihren Bildern auf dem Caputher Anwesen einer Kunstfreundin zu Gast, am Tag des offenen Ateliers oder zeitgleich zur Kunsttour in Caputh. Vor 13 Jahren hat die 49-Jährige angefangen, sich intensiv mit der Digitalfotografie auseinander zu setzen. Dabei geht es ihr nicht um den Einsatz aufwändiger Fototechnik, sondern darum, Motiven mit einfachen Mitteln einzufangen – in ihrem Fall mit einer handtaschentauglichen Kamera. Als studierte Informatikerin absolvierte sie ein Aufbaustudium für IT-Management Neue Medien und lernte dabei auch mit Bildbearbeitungsprogrammen umzugehen. Das hat sie so fasziniert, dass es ab 2010 zu ihrem Markenzeichen wurde.

Neben der „Van Gogh-Technik" hat es ihr eine andere Technik besonders angetan, bei der sie ihre Bilder in leuchtenden Konturen zum Strahlen bringt. „Das passt natürlich nicht auf jedes Ursprungsfoto", räumt Tessnow ein. „Aber gerade bei Nachtaufnahmen sieht das sehr schön aus." Und so hat sie zum Beispiel das Hans Otto Theater in der Schiffbauergasse mit dieser Technik dargestellt und die Konturen des Hauses zum Leuchten gebracht. Überhaupt sind in der Ausstellung neben vielen Bildern aus der Mittelmark auch einige Potsdam Motive zu sehen: Eine Collage des Holländischen Viertels etwa oder eine gewölbte Darstellung der Potsdamer Mitte aus der Zeit, in der das Landtagsschloss gerade erst in der Entstehung war. Aus der krangesäumten Baustelle hat sie eine sich aufbäumende Landschaft mit Mercure Hotel, Nikolaikirche und dem Fachhochschulengebäude gestaltet, aus der die jetzige Stadtmitte geboren wird. „Ich wollte die Anstrengung darstellen, die da von statten gegangen ist", erklärt Tessnow das 2011 entstandene Bild. „Aber auch die Energie, die sich dort immer noch bündelt."

Inspiriert wird sie bei ihrer Arbeit von vielen Dingen, auch von Vorbildern aus der Fotografie und der Kunst. „Ich bewundere die Heimatfotografien des alten Potsdam von Ernst Eichgrün und Max Baur und ihre Sicht auf die schöne Stadt", sagt sie. „Genauso spricht mich impressionistische Malerei an, vor allem wenn es um Naturmotive und städtische Szenen geht." In ihren Arbeiten versucht sie beide Strömungen miteinander zu verknüpfen und ist dabei stets als Genießerin mit den Augen unterwegs, wie sie sagt. „Ich mache mich fast nie gezielt auf den Weg, um etwa ein bestimmtes Motiv zu fotografieren“, so Tessnow. „Aber fast immer entdecke ich Motive, wenn ich unterwegs bin."Sarah Kugler

„Grüße aus der Mark“ noch bis zum 30. August in der Kulturscheune Kähnsdorf am Seddiner See, Mi, Do, Sa und So 11 bis 16 Uhr. Eintritt ist frei

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