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Von Hagen Ludwig: Lückenlose Aufklärung gefordert
Kreistagsfraktionen sind entsetzt über Ausmaß des Müllskandals und seine finanziellen Folgen
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Potsdam-Mittelmark - Bis zu 60 Millionen Euro könnte dem Landkreis Potsdam-Mittelmark die Entsorgung aller jüngst bekannt gewordenen illegalen Müllablagerungen kosten. Diese Ankündigung von Landrat Lothar Koch (SPD) hat in den Fraktionen des Kreistages für Entsetzen gesorgt. Mehrere Fraktionsvorsitzende forderten gestern gegenüber den PNN eine lückenlose Aufklärung des bisherigen Geschehens und präventive Maßnahmen, um weiteren Schaden zu verhindern.
Vor allem nach der Entdeckung mehrerer zehntausend Tonnen illegal entsorgten Hausmülls auf Altdeponien in Wollin, Zitz, Rogäsen, Bensdof, Mörz, Schlamau und Schlunkendorf rechnet der Landkreis zumindest mit Entsorgungskosten in zweistelliger Millionenhöhe, sollte er allein dafür aufkommen müssen. Das Umweltministerium hat eine finanzielle Beteiligung bereits abgelehnt mit dem Hinweis, dass das Landratsamt die zuständige Genehmigungs- und Überwachungsbehörde sei.
„Noch hoffen wir, dass die Verursacher zur Verantwortung gezogen werden können“, sagte Koch gestern. In mehreren Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam seit Januar gegen den 53-jährigen Inhaber eines Entsorgungsbetriebes aus dem mittelmärkischen Borne wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen. Der Unternehmer sollte die Deponien renaturieren und hätte dafür ausschließlich unbelasteten Bauschutt verwenden dürfen.
„Ich bin vom Ausmaß des drohenden finanziellen Desasters überrascht“, sagte CDU-Fraktionschef Rudolf Werner gestern auf Anfrage. Gegenwärtig sei er dabei, weitere Informationen zu sammeln, um sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen. Dabei müsse natürlich auch die Frage der Kontrolle beantwortet werden. Ebenso sieht es FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz, der nun empfindliche Einschnitte im Kreishaushalt befüchtet. Mit Mühe habe der Landkreis in den vergangenen Jahren ein Millionendefizit ausgeglichen – auch durch die Veräußerung eines Großteils des Kreisvermögens, das nun nicht mehr zur Verfügung stehe.
„Ich habe Verständnis dafür, dass nicht jeder auf den Deponien ankommende Lkw überprüft werden konnte“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Mueller gegenüber den PNN. Stichproben seien jedoch möglich gewesen. Der Fraktionschef der Linken, Peter Singer, will auch geklärt wissen, ob der Landratsamt bereits bei der Suche eines geeigneten Partners für die Renaturierung der Deponien versagt habe. Grüne und Linke fordern zudem, man solle auf dem sensiblen Gebiet der Müllentsorgung künftig stärker auf das eigene Potenzial bauen, das vor allem beim kreiseigenen Abfall betrieb APM reichlich vorhanden sei. Kurzfristig müsse vor allem geklärt werden, mit welchen Sofortmaßnahmen weitere Grundwasserschäden verhindert werden können, sagte SPD-Vize-Fraktionschefin Susanne Melior.
Landrat Koch erklärte gestern den PNN auf Anfrage, die Kreisverwaltung habe bei der offensichtlich aufgewandten kriminellen Energie kaum eine Chance gehabt, den Müllskandal aufzudecken. „Wir haben keine Polizeigewalt und können nur mit Voranmeldung kontrollieren“, so Koch. Weil stets alle Dokumente in Ordnung gewesen seien, habe man keinen Anlass für Stichproben gesehen. Mengen- und Lieferscheine seien plausibel gewesen, hieß es aus dem Landratsamt.
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