KulTOUR: Man ist so frei ...
Kathrin Hänsel und Julia Baum zeigen Malerei und Grafik in der Galerie Töplitz
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Werder (Havel) - Vorschusslorbeeren hin oder her – was in der Galerie Töplitz durch den Havel-Land-Art e.V. seit Jahren vorgestellt wird, könnte man durchaus Kunst der Zukunft nennen. Meist sucht Kuratorin Marianne Kreutzberger im Nachwuchs von Burg Giebichenstein nach geeigneten Köpfen für eine der vier Jahresausstellungen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass diese Lehrstätte für bildende und angewandte Künste hervorragende Ausbilder hat – und ein studentisches Klientel, welches in der Lage ist, die Impulse der Burg in sich aufzunehmen.
Das ist aktuell bei Kathrin Hänsel und Julia Baum nicht anders. Im Fach Malerei/Grafik sowie Skulptur bestreiten sie für die Galerie die Ultimo-Ausstellung 2014. Beide sind nicht nur charmant im Wesen und sicher im Umgang mit provozierenden Fragen, sie haben auch künstlerisch mehr drauf, als es ein Vorschuss im Lorbeer geböte.
Kathrin Hänsel geht es nur um das Licht, aus dem die Farbe kommt. Um den Kontrast aus Schwarz und Weiß, was man dabei erkennt und daraus machen kann. Die Grundlage aller bildenden Kunst. Neben ihrem grafischen Werk, gestochene oder gezeichnete Miniaturen, sämtlich glänzend gelungen, zeigt sie Malerei der besonderen Art. Es geht nicht darum, ein Motiv lieber mit der Kamera als dem Skizzenbuch festzuhalten, sondern was man daraus macht. Und das kann Kathrin Hänsel ganz hervorragend.
Die Bereitschaft zum Experiment – bei ihr entstehen wahre Kunstwerke daraus, als etwas Künstliches nach der Natur. Ein Bild zeigt eine Außen-Silhouette durch ein dreckiges Zugfenster, ein anderes ein Wolkengemenge, eine Landschaft aus Himmel und Wellen, oder den einzigen Menschen ihrer Bildwelt an einem Kai von Paris. Die Bilder sehen aus wie fotografiert, doch schaut man näher hin, sieht man, mit welchem Geschick und welcher Ernsthaftigkeit sie lasiert sind, mit mehr als 15 wohldurchdachten Schichtungen. Jede Fläche schimmert, lebt, entsteht, wie es keine Kamera festhalten kann.
Man braucht schon etwas Zeit und Kontemplation, um hier hinter die Dinge zu kommen. Staunenswert, was diese junge Frau bereits leistet! Die lebhafte Bildhauerin Julia Baum steht ihr da nicht nach. Von ihr sieht man überlagerte Porträts aus ihrer Freundesrunde, immer wieder neu gemacht. Auf einer Bahnfahrt saß ihr einer gegenüber, den sie als Mini-Skulptur geformt und gedoppelt hat. Ihre Medaillen-Kunst hat sogar schon internationale Ausstellungen erreicht.
Den grausamen Kaiser Caligula hat sie nach einem Vorbild aus dem DT frierend in eine Decke gehüllt. Zu seinen Füßen liegen bronzene Origami-Kraniche wie verbrannt. Staunende oder lesebegierige Köpfe von Freunden, in Gips oder Beton nachgeformt. Manchmal genügte der guten Beobachterin ein versonnenes Lächeln als Stoff. Nicht als Letztes ein kleines Boot im Meer, „Ausfahrt“ genannt, ihre Hommage an den Opa als Seemann.
Das alles ist nicht Vorschuss, das ist Ergebnis, handwerklich und geistig tip-top. Man könnte fast Hoffnung schöpfen im Meer der Verwirrung, wo man vieles erprobt und wenig gelingt, weil die Bindung zur Menschenseele vergessen wird. Die Töplitzer Galerie hat den riesigen Vorteil, fern zu sein vom Markt der Macher. Hier ist man frei im Tun und im Lassen – dafür nun doch noch den Lorbeerkranz. Gerold Paul
Bis 14. September Samstag und Sonntag 14-18 Uhr, wochentags 16-18 Uhr, An der Havel 68. Vernissage am heutigen Samstag um 17 Uhr, Eröffnungskonzert um 16 Uhr in der Dorfkirche.
Gerold Paul
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