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Bürgermeister der ersten Stunde: Thomas Wardin (SPD) ist seit der Wende im Amt und wirbt mit seiner Erfahrung für die Wiederwahl am 7. März.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: „Man muss jetzt dranbleiben“

Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) über Erfolge, Chancen und Seitenhiebe in Beelitz

Stand:

Ihre Herausforderer werben mit dem, was sie anders machen wollen. Was sollte sich in Ihrer Stadt auf keinen Fall ändern?

Die konstruktive und positive Arbeit, die Beelitz seit der Wende so hervorragend vorangebracht hat. Über lange Zeit haben Bürgermeister, Stadtverordnete, Ortsbeiräte und Rathaus an einem Strang gezogen. Das ist notwendig, weil die Chancen, die man als Kommune hat, oft nur von kurzer Dauer sind. Auf diesem Wege haben wir in den vergangenen 20 Jahren in rasantem Tempo unsere Straßen und Plätze, unsere Dörfer, Schulen, Kitas und die Altstadt saniert und entwickelt.

Im Moment sieht es nicht so aus, als würden alle an einem Strang ziehen: Der Haushalt wurde nicht beschlossen.

Das liegt offensichtlich am Wahlkampf. Wir haben im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Investitionen auf den Weg gebracht, zum Beispiel den Freibad-Umbau. Dieses Projekt ist eine Forderung aus dem politischen Raum – von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Mit dem Nachtragshaushalt wurden erste Aufträge ausgelöst. In den Haushalt 2010 wurden weitere Wünsche aus den Ortsteilen eingearbeitet, in fünf Sitzungen hat der Finanzausschuss den Plan Zeile für Zeile durchgearbeitet. Jetzt, wo es weitergehen soll, kommt das große Erstaunen, was das alles kostet. Der Haushalt wurde blockiert, das ist unverantwortlich. Fördermittel stehen jetzt zur Verfügung, noch ist das Zinsniveau niedrig und wir haben die Kraft, geplante Kredite künftig zu erwirtschaften. Beelitz ist eine der wenigen Kommunen im Land mit einem ausgeglichenen Haushalt.

Welche Gefahren sehen sie?

Ohne beschlossenen Haushalt können wir mit unseren Zukunftsinvestitionen nicht weitermachen, zum Beispiel mit dem Neubau der Kita Am Park oder der Sporthalle in Fichtenwalde, für die nur jetzt Förderung möglich ist. Die Förderprogramme laufen aus: Ab 2018 können wir nur noch aus eigener Kraft investieren. Deshalb muss man jetzt dranbleiben und kann nicht warten, bis die Wahl vorbei ist. Wenn dann noch mal ein neuer Haushalt aufgestellt werden soll, ist die Stadt frühestens im September handlungsfähig, die Chancen sind dann verspielt. Der Finanzausschuss trifft sich noch einmal am 17. März. Im Interesse der Bürger kann man nur hoffen, dass danach der Haushalt beschlossen wird.

Die lauteste Kritik am Etat kommt aus der GFT-Fraktion. Auch sonst müssen Sie aus dieser Richtung viel einstecken.

Das ist nicht anders zu erwarten. Man erinnere sich an den Wahlkampf vor acht Jahren, als es um den weitgehend von Land und Bund finanzierten Kreisverkehr an der Kreuzung B 246 / L 88 ging. Da wurden von einem einzelnen Mitglied dieser Fraktion, das dort ein Haus hatte, Schilder aufgestellt, Leute mobilisiert, Unterschriften gesammelt und Politiker herangekarrt. Ich war der einzige Kandidat, der trotzdem zu diesem Vorhaben stand. Heute sagen mir selbst frühere Kreisverkehr-Gegner: „Bloß gut, dass sie das durch gestanden haben, die Ecke ist doch schön geworden.“

Elke Seidel von den Grünen gehörte einst zur SPD-Fraktion – ebenso wie heutige Mitglieder des Bürgerbündnis Beelitz, das mit Bernhard Knuth einen Gegenkandidaten nominiert hat. Wie fühlt sich das an?

Frau Dr. Seidel ist ja gerade wegen ihrer Niederlage in Ihrem Kampf gegen den Kreisverkehr aus der SPD ausgetreten. Ihre ständigen Attacken gegen mich bin ich schon gewohnt. Mit den Mitgliedern des Bürgerbündnis hatte ich bis vor kurzem eine gute Zusammenarbeit und freundschaftliche Beziehungen. Um so größer ist nun die menschliche Enttäuschung. Aber die Machtbestrebungen einzelner sind offensichtlich so groß, dass keine Rücksicht mehr auf zwischenmenschliche Beziehungen und gemeinsame Ziele genommen wird.

Hätten Sie den Wahlkampf so erwartet?

Nein. Nehmen wir nur den Rummel um das Großplakat von Herrn Knuth. Es wurde so dargestellt, als hätte ich das Ordnungsamt angewiesen, das Plakat zu entfernen, was nicht stimmt. Das Bild spricht für sich und stört mich persönlich schon deshalb nicht. Aber der Standort der Aufstellung an der Kreuzung ist ungesetzlich und widerspricht den Satzungen der Stadt. Ein Bürgermeister muss sich an Recht und Gesetz halten. Das sollte auch für Kandidaten gelten.

Herr Knuth will „mit den Bürgern“ regieren. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Leute mehr einzubinden?

Die Vorstellung von Herrn Knuth, alles immer mit allen zu diskutieren, ist nicht umsetzbar. Um handlungsfähig zu sein, leben wir in einer repräsentativen Demokratie, in der Entscheidungen durch die gewählten Vertreter getroffen werden. In Beelitz sind das Stadtverordnete, Ortsbeiräte und der Bürgermeister. Im Übrigen werden die Bürger bei wichtigen Fragen immer einbezogen. Es gibt Beteiligungsverfahren und bei jedem Straßenbau mindestens eine Bürgerversammlung, um Anwohner-Belange zu berücksichtigen. Einzelne sprechen mich direkt an oder schreiben E-Mails. Am Ende einer jeden Bürgerbeteiligung stehen immer Entscheidungen im Interesse der Mehrheit.

Das sind die formalen Wege. Was ist mit Bürgerforen wie der Zukunftswerkstatt?

Davon gab es ja mehrere, und gerade bei der letzten waren die Bürger sehr kreativ. Daraus ist der Beelitz-Tag hervorgegangen. Der erste fand in Körzin statt, der letzte war 2008 in Fichtenwalde. 2009 hat sich kein Ortsteil gefunden, der es übernehmen wollte. Wir sollten den Beelitz-Tag wiederbeleben, auch wenn ihn ein Ort zum zweiten Mal macht. Zukunftswerkstätten oder Entwicklungsforen sind immer wieder sinnvoll und machen Spaß.

Kerngedanke des Beelitz-Tages ist die Stärkung des Wir-Gefühls. Wie viel Beelitz steckt in den Ortsteilen?

In vielen Bereichen sind wir sehr weit, zum Beispiel bei der Feuerwehr. Die Ortswehren sind ja bei Einsätzen aufeinander angewiesen, diese Zusammenarbeit klappt sehr gut. Bei Wettkämpfen fiebern sie miteinander und sehen sich nicht als Gegner. Die Stadt unterstützt das, indem sie alle Kameraden gut ausrüstet. Generell ist das Wir-Gefühl groß, schon allein durch persönliche oder verwandtschaftliche Beziehungen. Trotzdem haben sich die Ortsteile ihre Identität bewahrt, die muss man ihnen auch lassen. Ein Zauchwitzer ist in Fichtenwalde ein Zauchwitzer. In Potsdam oder Berlin aber sieht er sich als Beelitzer.

Wie sehen Ihre Visionen für die nächsten acht Jahre in Beelitz aus?

Dass wir das, was wir gemeinsam angeschoben haben, auch umsetzen. Dass Beelitz-Heilstätten ein Kraftzentrum für Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich und ein attraktiver Wohnstandort wird. Dass sich die Dörfer weiter entwickeln. Dass die Altstadt und der Naturpark beliebte Ausflugsziele auch außerhalb der Spargelzeit werden. Dass wir weiterhin solide Finanzen haben und zukunftsfähig bleiben. Am Herzen liegen mir auch einzelne Projekte wie der Wasserturm und die Öffnung des Mühlenfließes. Und dass wir unsere Chancen nutzen – wie den Deutschen Wandertag 2012 und das gemeinsame Mittelzentrum mit Werder (Havel).

Das Interview führte Thomas Lähns. Bürgermeister Wardin ist der letzte der vier Kandidaten, die wir befragt haben.

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