zum Hauptinhalt
Immer noch eine Ausnahme: Bisher entscheiden sich trotz guter Schulnoten nur wenige Schulabgängerinnen für eine Ausbildung zum Beispiel in der Automobilbranche.

© Jörg Carstensen/dpa

Potsdam-Mittelmark: Männerdomänen im Blick

Mit einem neuen Projekt sollen mittelmärkische Schülerinnen für technische Berufe begeistert werden

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Der Beruf des Kraftfahrzeugmechatronikers ist interessant und zukunftsträchtig, doch bisher gilt er noch als eine ausgesprochene Männerdomäne. Dabei bringen junge Frauen mindestens ebenso gute Voraussetzungen für eine entsprechende Ausbildung mit, ist sich der Michendorfer Autohausinhaber Sirko Kühnicke sicher. Deshalb beteiligt er sich jetzt an einem neuen Projekt des Technologie- und Gründerzentrums Fläming (TGZ), mit dem Abgängerinnen der mittelmärkischen Oberschulen verstärkt für eine gewerblich-technische oder handwerkliche Ausbildung gewonnen werden sollen.

„Wir wollen traditionelle Rollenklischees in den Unternehmen mit modernen technologischen Berufen aufbrechen und Schulabgängerinnen eine Chance geben, dort die Fachkräfte von morgen zu werden“, umschreibt Felicitas Klassen vom TGZ das Ziel. Finanziert wird das Projekt „Du hast es drauf – mehr junge Frauen in MINT-Berufen“ aus Mitteln des Bundesarbeitsministeriums und des Europäischen Sozialfonds. Die Bezeichnung MINT steht dabei für die Berufsprofile Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Ausgangspunkt der Überlegungen war die Tatsache, dass es auch in diesem Bereich verstärkt Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen gibt. Diese Erfahrung hat auch Sirko Kühnicke gemacht – aktuell blieb bei ihm eine Stelle für die Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker frei. „Es gab nicht genug Bewerbungen, die wenigen männlichen Kandidaten brachten weder die fachlichen Voraussetzungen noch die notwendige Motivation mit“, so der Autohauschef.

So sei eine Note 4 in den Fächern Mathe und Physik keine Empfehlung für die anspruchsvolle Ausbildung, die die bisherigen Berufsfelder Automobilmechaniker, Kfz-Mechaniker und Kfz-Elektriker vereint. Andererseits hat Kühnicke bereits sehr gute Erfahrungen mit einer jungen Mitarbeiterin gesammelt, die vor einigen Jahren in seiner Firma ausgebildet wurde und heute im Lager- und Teiledienst arbeitet. „Sie hat großes technisches Verständnis und kann genau erklären, wo welche Schraube am Auto hingehört“, sagt er.

Bei der Handwerkskammer Potsdam, deren Einzugsbereich von der Prignitz bis zur Dahme reicht und auch den Landkreis Potsdam-Mittelmark umfasst, wird das neue Projekt des TGZ Fläming begrüßt. Oft hätten Mädchen in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern bessere Noten als männliche Schulabgänger und würden sich trotzdem meist für typische Frauenberufe wie Frisösin, Bürokauffrau oder Fachverkäuferin entscheiden, sagt die Abteilungsleiterin für Berufsbildung, Eva Gatzky. Derzeit gebe es zum Beispiel 781 Auszubildende für Kraftfahrzeugmechatronik, davon sind nur 20 weiblich. Bei den Tischlern sind es nur 13 von 188. Im vergangenen Jahr blieben im Kammerbereich insgesamt 727 Lehrstellen unbesetzt, viele davon in den technischen Bereichen.

Mit Maßnahmen der Berufsorientierung soll dem entgegengewirkt werden, so gibt es spezielle Kooperationsverträge mit 15 Partnerschulen. Das TGZ-Projekt könnte laut Eva Gatzky eine sinnvolle Ergänzung sein.

Felicitas Klassen erläutert, wie das genau funktionieren soll. Einerseits erhalten Unternehmen, die weibliche Schulabgänger ausbilden und später beschäftigen wollen, professionelle Unterstützung zum Beispiel durch Workshops. Andererseits werden an beteiligten Oberschulen – bisher gibt es Gespräche mit drei Bildungseinrichtungen – im Rahmen von Projekttagen Informationen über die Berufsbilder gegeben. Ein Ausbildungsführer listet freie Plätze für die Lehrjahre 2013 und 2014 auf. Zudem werden interessierte Schülerinnen von den Projektbetreuerinnen bei der Wahl eines Praktikumsplatzes und während der gesamten Praktikumszeit begleitet und betreut.

Insgesamt werden jetzt zehn mittelmärkische Unternehmen gesucht, die an dem Projekt teilnehmen wollen. „Für die Unternehmen ist das eine Chance, zu erfahren, wie sie weibliche Talente ansprechen und integrieren können“, so Klassen. Bei Interesse komme sie gern für ein persönliches Gespräche in die Unternehmen. Kontakt kann unter unter der Adresse felicitas.klassen@tgz-belzig.de oder unter Telefon (033841) 65382 aufgenommen werden.

7

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })