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Potsdam-Mittelmark: Manufakturen beleben die Insel

Kerzenzieher, Glasbläser und Geisterseher unter einem Dach

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Kerzenzieher, Glasbläser und Geisterseher unter einem Dach Von Elisabeth Richter Werder. Die Hausfassade am Markt 24 verrät wenig über die Geschichte des Hauses; glatt, schmucklos und etwas prosaisch steht es zwischen seinen auffälligeren Nachbarn. Dass sich hier etwas tut, verraten Schilder in den Fenstern: „Kerzenkeller“, „Spökenkieker“ und eins mit der Aussicht auf die baldige Eröffnung der „Inselmanufakturen“. Am 3. Oktober soll es soweit sein. Bauherr Torsten Möwes, seit März Besitzer des großflächigen Hauses zwischen beiden Marktseiten, zeigt sich optimistisch, obwohl der Innenausbau teils noch nicht fertig ist. Gut gelaunt zitiert er einen Unternehmerspruch: „Entweder es geht - oder es geht nicht!“ Er lacht. Er hat schon beides erlebt mit seinem Kerzenkeller. Im Oktober 1998 eröffneten er und seine Frau Manuela den ersten Kerzenkeller in einem kleinen Laden in der Brandenburger Straße. Der lief knapp drei Monate gut, bis Weihnachten, und die beiden Möwes begriffen, dass es nicht reicht, schöne Kerzen zu machen und zu verkaufen, sondern dass sie ein anderes Konzept brauchten. Die Werkstattidee entstand, die Idee, dass die Leute ihre Kerzen selbst ziehen könnten, weil es Spaß macht und weil es eine ungewöhnliche Beschäftigung ist und somit geeignet für eine besondere Gelegenheit wie einen Kindergeburtstag oder einen Betriebsausflug. Sie eröffneten darauf ihre Kerzen-Werkstatt im Birkengrundweg; das Geschäft lief gut, war aber zu sehr abseits vom Zentrum. Torsten Möwes suchte nach Unterstützung. Ein Unternehmensberater stand ihm über ein Jahr zur Seite, gefördert vom Brandenburgischen Wirtschaftsministerium. Das neue Konzept sah ein Haus in zentraler Lage vor, unter dessen Dach sich verschiedene Manufakturen ansiedeln sollten. Das Haus, das Torsten Möwes schließlich kaufte, kennt er seit seiner Kindheit. Hier war bis in die 70er Jahre die Schlachterei „Hähnel“, wo seine Großmutter als Mamsell arbeitete. Ende der Siebziger wurde das Haus an einen Elektromeister verkauft, der das Vorderhaus abreißen und neu aufbauen ließ. Die Räume in Vorder- und Hinterhaus sind unterschiedlich groß und teils verschachtelt, was dem Manufakturgedanken aber keinesfalls zuwiderläuft. In die eine Vorderseite zieht eine Glasbläserei aus Borgsdorf bei Oranienburg, auf die andere Seite Jürgen Leffringhausen aus Jever mit seinem „Spökenkieker“, plattdeutsch für Geisterseher. Die Spezialität des Kunsthandwerkers sind dekorative Tiere aus Stoff - Katzen, Hühner - die mit Wandfarbe einen gipsartigen Überzug bekommen, daneben fertigt er Weihnachtsschmuck aus Stoff und verkauft seine kleinen Werder-Aquarelle als Postkarten. Im Hinterhaus, im ehemaligen Schlachtraum, wird Manuela Möwes ab Oktober ihre Kerzen ziehen. Der Raum mit seinem Backsteinfußboden und den graugrünen Kacheln der damaligen Zeit wird so erhalten bleiben. Ein Stockwerk höher sind bereits zehn Tauchbecken installiert, an denen sich die Besucher ihre Kerzen selbst ziehen können. Ein Raum ist noch frei. Er wird zur vorderen Marktstraßenseite noch ein torgroßes Fenster bekommen. Torsten Möwes sucht noch einen Interessenten aus dem kunsthandwerklichen Bereich. Vielleicht will er aber hier noch „selbst was machen". Ideen hat er, und er kann sich auch spontan für etwas Ungewöhnliches begeistern. Wie mit den Kerzen damals beim Urlaub in Dänemark: In einem Kloster konnte man Kerzen ziehen. „Das machen wir auch!“ sagte er zu seiner Frau, die zu der Zeit erfolglos auf Stellensuche war. Dann besorgte er sich ein Lehrbuch, suchte andere Kerzenhersteller auf und informierte sich bei der "Kerzenzieherinnung" - Schritt für Schritt, seitdem gibt es jedes Jahr am 3. Oktober ein Kerzenfest, immer mit steigender Besucherzahl. Dieses Jahr fällt das Kerzenfest mit der Neueröffnung der Inselmanufakturen zusammen. Eröffnung: 3.10. ab 10 Uhr. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 10-18 Uhr.

Elisabeth Richter

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