Von Tobias Reichelt: Mattauschs Nachfolge
Frauke Schmidt-Theilig will das alte Künstlerhaus in der Teltower Altstadt wieder mit Leben füllen
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Teltow - Es sieht so aus, als hätte August Mattausch seine Arbeit gerade erst eingestellt: Auf der alten Werkbank türmen sich verstaubte Skizzen, daneben liegen Holzhobel und Hämmer. An der kargen Wand hängt eine Uhr ohne Zeiger und in den Regalen türmen sich Bücher mit antiken Buchdeckeln: „Weltall und Mensch“ oder Goethes gesammelte Werke. „Das war Mattauschs Arbeitszimmer“, sagt Frauke Schmidt-Theilig stolz und tritt in den schmalen Raum hinein. Seit gestern ist es ihr Atelier.
Die Stahnsdorfer Künstlerin hat das alte Wohnhaus der Familie Mattausch gekauft. Mit der 52-Jährigen soll wieder Kunst in das denkmalgeschützte Weberhaus aus dem 18. Jahrhundert in der Teltower Altstadt einziehen. Frauke Schmidt-Theilig möchte den maroden Bau sanieren. Ein Atelier samt Künstlerhof, eine Werkstatt für die Malerin und ihre Kinder-Kunstkurse sowie eine kleine Ferienwohnung sollen in einem der ältesten Häuser der Stadt entstehen. Mattausch selbst lebte hier bis zu seinem Tod am 12. Juni 1945.
Noch immer zeugt ein Namensschild an der Eingangstür von den früheren Bewohnern des Hauses in der Alten Potsdamer Straße 5. Mattausch, geboren am 24. März 1877 in Überlingen am Bodensee, wurde 1906/07 in Teltow aktenkundig. Der Grafiker arbeitete hier als Gestalter in der Porzellanfabrik, später in der Firma Lohse. In der Teltower St. Andreas-Kirche heiratete er 1907 Helene Christiane Mahling und begann seine Arbeit als freischaffender Künstler. An vielen Stellen der historischen Altstadt ist seine Handschrift zu erkennen: Mattausch schuf neben dem alten Teltower Stadtwappen auch die Verzierungen in der Andreaskirche an Empore, Gestühl, Säulen und Kanzel. Erst vor wenigen Wochen wurde der Teltower Bürgerpark zu Ehren Mattauschs nach ihm benannt.
Wenige Schritte vom neuen Park entfernt steht das kleine Weberhaus mit dem roten Ziegeldach. Der Einzug der Künstlerin Frauke Schmidt-Theilig ist bereits zu erkennen: In den alten Fensterscheiben hängt ein Bild von rotem Mohn, ein Bleistift-Portrait von Romy Schneider und mehrere kleine bunte Keramik-Fische. „Atelier“ ist in goldenen Buchstaben auf einen Zettel gemalt. „Erst am Sonntagabend habe ich meinen Sessel hier reingeschoben, mich hingesetzt und gedacht: Ist das schön“, erzählt die Stahnsdorfer Malerin und Mutter von vier Kindern. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie sich zum Kauf des Hauses entschlossen und ihr Atelier am Stahnsdorfer Dorfplatz aufgegeben. Ein waghalsiges Projekt: Die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses wird Jahre und Geld in Anspruch nehmen. Die Decken sind durchgebogen, das Gebälk vom Holzwurm zerfressen und überall im Haus stapeln sich die Hinterlassenschaften der Familie Mattausch. Neben Originalen des Künstlers fand sich auch ein Plastikweihnachtsbaum.
Erst vor knapp einem Jahr waren die letzten Bewohner ausgezogen, erzählt Schmidt-Theilig. Am Wochenende hat sie die alten Gemäuer mit ihren vielen hundert Malereien in Besitz genommen. Die Bilder – Fische, Menschen, Portraits oder Abstraktes – stehen aufgereiht im künftigen Atelier. Zum „Tag der offenen Höfe“ am letzten Augustwochenende, möchte die Malerin hier die ersten Gäste begrüßen. Einen Namen hat es schon: „Atelier im Mattausch-Haus“.
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