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Potsdam-Mittelmark: Maximal drei Jahre Haft für Lohnbetrug Milde Strafe für Geltower Unternehmer erwartet

Schwielowsee - „Sie haben auf deutsch gesagt beschissen“, kommentierte Andreas Dielitz, Vorsitzender der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts, die gestrigen Aussagen des Unternehmerpaares Norbert (71) und Sabine F. (60).

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Schwielowsee - „Sie haben auf deutsch gesagt beschissen“, kommentierte Andreas Dielitz, Vorsitzender der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts, die gestrigen Aussagen des Unternehmerpaares Norbert (71) und Sabine F. (60). Trotz eines Schadens von 1,2 Millionen Euro können die Geltower mit einer moderaten Strafe rechnen, da sie – sofern dies nach der inzwischen ins Land gegangenen Zeit möglich war – versuchten, Auskunft über die Machenschaften ihres einstigen Transportunternehmens zu geben.

Norbert F. und seine Ehefrau Sabine F. sollen in 1082 Fällen keine Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberanteile an die Sozialversicherung abgeführt, über 200 Mal Steuern verkürzt und Betrügereien Vorschub geleistet haben. Von einem Schwarzlohnsystem ist in der Anklageschrift die Rede, aber auch von Scheinselbstständigen, illegal Beschäftigten oder Kollegen, die dem Finanzamt als Geringverdiener gemeldet wurden, obwohl es sich um Vollzeitkräfte handelte. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft datieren bereits aus den Jahren 1999 bis 2003. (PNN berichteten.)

Im Falle eines umfangreichen, von Reue getragenen Geständnisses sei die Kammer bereit, bestimmte Strafober- und Untergrenzen für die Angeklagten in Aussicht zu stellen, hatte Richter Dielitz zu Beginn des gestrigen zweiten Prozesstags erklärt. So könne der Hauptangeklagte Norbert F. mit maximal drei Jahren Haft, im besten Fall mit zwei Jahren auf Bewährung rechnen. Sabine F. sei mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte, zu sanktionieren. Als Bewährungsauflage könne sich das Gericht eine Geldauflage von 50 000 Euro vorstellen.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem an. Die Verteidiger betonten im Namen ihrer Mandanten, die Vorwürfe der 150 Seiten umfassenden Anklageschrift träfen im Großen und Ganzen zu. Allerdings wehre sich Norbert F. gegen den Vorwurf, er habe Scheinfirmen beschäftigt. Dann ergriff der Angeklagte – er war in seiner Jugend Kanurennsportler, nahm an zwei Olympiaden teil – selbst das Wort.

Der studierte Maschinenbau-Ingenieur räumte ein, Teile des Arbeitslohnes seiner Hunderten Beschäftigten als Nacht- oder Feiertagsarbeit deklariert zu haben, um Steuern zu sparen. Geringverdiener hätten die volle Stundenzahl gearbeitet, die Lohn-Differenz illegal erhalten. „Um das Abführen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile habe ich mich nicht gekümmert. Ich war mehr für das Organisatorische da“, erklärte der Ex-Unternehmer. In Spitzenzeiten sei er Herr über 256 Fahrzeuge gewesen.

Sabine F. – damals Geschäftsführerin dreier Firmen der Unternehmensgruppe – räumte ein, von den Lohnmauscheleien gewusst zu haben. In Einzelfällen habe sie auch Bargeld an offiziell als Geringverdiener Gemeldete ausgezahlt, um die Differenz zu den tatsächlich geleisteten Stunden auszugleichen. „Warum haben Sie das mitgemacht?“, fragte Richter Dielitz. „Mein Mann ist ein sehr bestimmender Charakter. Hätte ich mich dagegen gewehrt, hätte es sicher Streit gegeben“, antwortete die Diplom-Ingenieurin.

Durch die getroffene Prozessabsprache verkürzt sich das Verfahren merklich. Ursprünglich hatte die Kammer neun Verhandlungstage anberaumt. Jetzt wird die Urteilsverkündung noch im November erwartet. Hoga

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