
© Andreas Klaer
Teltow: Maximal Mindestlohn
Der Bezahlsender Sky zieht mit seinem Call-Center nach Teltow und schafft Hunderte Arbeitsplätze im Ort – gut bezahlt sind sie aber nicht.
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Teltow - Die Nachricht hatte in der Stadt für Freude gesorgt: Der Fernsehsender Sky zieht mit seinem Call-Center nach Teltow und will dort bis Jahresende hundert neue Arbeitsplätze schaffen. Nachdem der Telefonanbieter O2 vor knapp zwei Jahren sein Call-Center an die Bertelsmann-Tochter Arvato verkauft hatte und diese nun dichtmachen will, könnten viele der Call-Center-Agenten der Arbeitslosigkeit entgehen. Allerdings sind die Löhne bei Sky offenbar bei Weitem nicht mit denen zu vergleichen, die O2 bezahlt hat. 8,10 Euro pro Stunde bietet der Bezahlsender nach PNN-Information seinen Mitarbeitern. 40 Cent Aufschlag gibt es als Prämie bei tadellosem Verhalten.
Zudem will Sky nach Aussagen von Bewerbern offenbar keine Vollzeitstellen vergeben. 35 Stunden pro Woche seien das Maximum, bevorzugt würden Stellen mit 20 Arbeitswochenstunden vergeben, heißt es. Je nach Steuerklasse kommen die Angestellten damit auf rund 1 000 Euro im Monat. Einigen ist das zu wenig, eine Familie ließe sich mit 960 Euro nicht ernähren, sagt einer, der die Stelle bei Sky ausgeschlagen hat, namentlich aber nicht genannt werden möchte. Denn nach Abzug von Miete und Fixkosten bliebe ihm so nur ein Budget auf Hartz-IV-Niveau. „Zehn Euro wären eine Option, auch die 8,50 Euro bei Sky wären verkraftbar – wenn es Vollzeitstellen gäbe“, sagt er. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert für Callcenter-Angestellte einen Mindestlohn von 8,50 Euro.
Bei Sky selbst wollte man sich am Donnerstag nicht näher zu vertraglichen Details äußern. „Wir bieten den Mitarbeitern ein für den Markt attraktives Gehalt und verschiedene variable Arbeitszeitmodelle an, die in der Branche üblich sind“, sagte Sky-Sprecher Axel Rakette am Donnerstag auf PNN-Anfrage.
Zum Vergleich: O2 zahlte nach Aussagen ehemliger Mitarbeiter für eine vergleichbare Stelle 16,80 Euro pro Stunde. Einer von ihnen räumte aber ein, dass der Markt solche Löhne heute nicht mehr hergebe. Arvato hatte die Löhne der ehemaligen O2-Mitarbeiter im ersten Jahr fortgezahlt – allerdings nur an einen geringen Teil der Belegschaft. 171 von insgesamt 190 Mitarbeitern hatten sich der Übernahme widersetzt, nachdem Arvato angekündigt hatte, die O2-Gehälter nur bis Ende des Jahres weiterzuzahlen. Anschließend würden sie angepasst, hieß es damals vonseiten der Geschäftsführung. Eine Anpassung der Gehälter wäre im ersten Jahr nach der Übernahme auch gar nicht möglich gewesen – mit dem Call-Center hatte Arvato auch die Bindefristen für eine Förderung in Höhe von insgesamt 15,44 Millionen Euro übernommen. Die Frist lief Anfang 2012 aus, Ende dieses Jahres schließt Arvato den Teltower Standort.
Auch bei Nextira One, so berichten Insider, habe es gute Konditionen gegeben – bis der Kommunikationsdienstleister im Frühjahr 2012 Zahlungsschwierigkeiten einräumte und Sanierung in Eigenregie beim Potsdamer Amtsgericht beantragte. Im Zuge der Sanierung wurden bundesweit 280 der damals 740 Arbeitsplätze gestrichen, am deutschen Firmensitz in Teltow waren 60 Mitarbeiter von Kündigungen betroffen.
Sky will hingegen nicht bei den 100 neu geschaffenen Stellen stehen bleiben: „Zusammen mit dem Dienstleister Serco soll das Call-Center weiter ausgebaut werden, sodass in den nächsten zwei bis drei Jahren kontinuierlich neue Arbeitsplätze entstehen“, so Rakette. Vermittelt hatte den Kontakt nach Teltow die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB): „Dort unterstützte man uns bei der Suche nach geeigneten Objekten, stellte Besichtigungstermine, aber auch die Verbindung zur Bundesagentur für Arbeit und weiteren relevanten Stellen her“, so Rakette. Daneben habe die ZAB alle Fragen zum Thema Infrastruktur geklärt. Die gute Anbindung an die Hauptstädte Berlin und Potsdam sei einer der Hauptgründe dafür gewesen, sich im Kontorhof in der Teltower Oderstraße anzusiedeln.
Die ZAB wirbt auf ihrer Homepage vor allem mit den bundesweit günstigsten Gewerbesteuersätzen um die Ansiedlung von Unternehmen – und den nach eigener Einschätzung flexiblen Arbeitszeiten: „In Brandenburg arbeitet ein Erwerbstätiger im Jahr über 80 Stunden mehr als im Bundesdurchschnitt“, heißt es dort. Ein Argument, das bei Call-Centern gut zieht.
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