Potsdam-Mittelmark: Mehr Fingerspitzengefühl statt wilder Axthiebe
Teltower beklagen zunehmenden Kahlschlag bei städtischen Bäumen und finden durchaus Gehör
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Teltower beklagen zunehmenden Kahlschlag bei städtischen Bäumen und finden durchaus Gehör Teltow. Was sind das eigentlich für Zeiten, in denen Bürger den Verlust von Bäumen beklagen? Vielleicht werden spätere Generationen diese Frage besser beantworten können, wenn sie anhand alter Fotos feststellen, wie beschaulich Bäume einst Teltower Siedlungsstraßen zierten. Oder sie staunen über die Weitsicht der Stadtväter, die für die Lebensqualität der Nachkommen sorgten, indem sie Bäume pflanzten. Doch zurzeit ähnelt in Teltow die Diskussion über Bäume noch einem „Ping-Pong-Spiel", wie der Teltower Michael Gerlach dem Bauamt in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses vorwarf. Zuviel Erklärungen der Verwaltung würden sich widersprechen, auch viele Entscheidungen seien für die Bürger nicht nachvollziehbar, so Gerlach. Das Thema Baumpflanzungen hatte Ausschuss-Chef Helmut Tietz auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem bereits in der letzten Stadtverordneten-Sitzung mehrere Bürger das Abholzen von Bäumen als willkürlichen Verwaltungsakt anprangerten (PNN berichteten). Sehr detailliert schilderten sie ihre Sorgen in Briefen an die Fraktionen und Verwaltung. Doch Bauamtsleiter Bernd Wiebrecht nennt die Vorwürfe „pauschal und nicht konkret". Der CDU-Stadtverordnete Ullrich Langner erkannte indes ein Kommunikationsproblem zwischen Verwaltung und Bürgern. „Es hapert daran, wie es bei den Bürgern ankommt und daran muss gearbeitet werden." Auch Carola Fanter (BIT) vermisste auf Seiten der Verwaltung die Einsicht, dass sich Bürger für ihre Stadt engagieren und deshalb mit ihnen anders umgegangen werden muss. Als neue Qualität sei deshalb auch die besonders sachbezogene Argumentation der Bürger zu werten, so Fanter. „Ein Potenzial, auf dem wir aufbauen müssen", vermochte am Schluss der Debatte auch Ralph Dieter vom Grünflächenamt zu erkennen. Er entschuldigte sich dafür, dass es im Eifer des Gefechtes zu Misstönen kam. Ursächlich sei dafür vor allem ein Informationsdefizit gewesen, ebenso der gewaltige Arbeitsaufwand, darin eingeschlossen das behördliche Regelwerk. So ist die Stadt nicht zuständig für Straßenbäume auf Landes- und Kreisstraßen. Haftpflichtig ist bei Schäden durch Bäume immer der jeweilige Eigentümer. Gleichwohl gibt das Grünflächenamt Hinweise an die jeweiligen Behörden weiter, wenn Bürger Schädigungen an Bäumen melden. Umfangreich ist auch das Prozedere bei Nachpflanzungen von Straßenbäumen. Erst nach Klassifizierung der Straße und dem sich daraus ergebenden Ausbaustandard sowie der Verlegung der Medien können die Standorte für Bäume festgelegt werden, erläuterte Ralph Dieter in der Sitzung. Doch für die Bürger der Walter-Rathenau-Straße ist noch immer nicht klar, warum ihre 25 Straßenbäume ohne eine Straßenplanung abgeholzt wurden. „Eine Gefährdung der Verkehrssicherheit stellten sie aus unserer Sicht nicht dar", schreiben die Bürger in ihrem Brief. Auch Ralph Dieter räumte ein, dass die Bäume ihre Lebenszeit noch nicht erreicht hätten, allerdings seien Straßenbäume einem besonderen Stress ausgesetzt, begründete er die Fällungen mit unzureichender Standortsicherheit. Dass Bäume zunehmend als Risiko eingeschätzt werden, erscheint den Bürgern jedoch fragwürdig. Keinesfalls wollen sie sich daran gewöhnen, dass ihre unbefestigte Siedlungsstraße zunehmend zur Sandpiste mutiert, denn vor den Neupflanzungen ist nun eine Ausbauplanung nötig. Und das kann dauern, vermuten sie. Außerdem lässt es ihnen keine Ruhe, dass in anderen Straßen junge Bäume demnächst gefällt werden müssen. So würden „junge Spitzahorne in der Weserstraße aufgrund von Anwachsschäden seit Jahren auf der Stelle treten", erklärte Ralph Dieter, dass neue Bäume gepflanzt werden müssen. Ungeeignet sind ebenso die Ebereschenbäume in der Rheinstraße. Doch die roten Früchte gefallen den Bürgern und so überlegt er bereits, einige stehen zu lassen. Der gemeinsame Nenner zwischen Verwaltung und Bürgern könnte vielleicht auch Geduld sein, wie Ullrich Langner in der Sitzung anmerkte. Denn Geduld brauchen nicht nur Bäume. K. Graulich
K. Graulich
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