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Potsdam-Mittelmark: Mehr Straßen, weniger Verkehr

Verkehrsgutachten: Stahnsdorf benötigt neue Straßen, um Verkehrsschlagadern zu entlasten

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Stahnsdorf - Es klingt fast absurd: Will man Stahnsdorfs Verkehrsschlagadern entlasten, so müssen neue Straßen gebaut werden. Dieses Fazit hat am Dienstagabend Verkehrsexperte Ralf Baumann in der Sitzung des Stahnsdorfer Bauausschusses gezogen. Dort stellte der Ingenieur vom Berliner Planungsbüro Schüßler den Entwurf eines Stahnsdorfer Verkehrsentwicklungsplanes vor. Oberste Ziele: der Bau der Güterfelder Nordumfahrung, die Verwirklichung der neuen Landesstraße L 77 in Nord-Süd-Richtung und der Bau der Biomalzspange – drei Straßenprojekte, die bei einigen Stahnsdorfer Gemeindevertretern und Anwohnern für Diskussionsstoff sorgen.

Gerade die Straßenbaugegner hatten im Vorfeld Hoffnung in den Verkehrsentwicklungsplan gesteckt, wurden jedoch enttäuscht. Nur mit dem Bau der neuen Landesstraßen können andere innerörtliche Straßen Stahnsdorfs entlastet werden und ergeben sich Gestaltungsspielräume, sagte Ralf Baumann. Profitieren soll zum Beispiel der Güterfelder Damm, der parallel zur neuen L 77 führt, und die Potsdamer Allee. Sie soll durch die neue L 40 entlastet werden. Aber: Riesig werde der Effekt nicht sein, warnte der Planer. Wird das Konzept umgesetzt, das übrigens auch einen S-Bahnhof in Stahnsdorfer Gewerbegebiet beinhaltet, werde die Potsdamer Allee um rund 4000 Fahrzeugen entlastet. Derzeit rollen hier täglich rund 18 000 Fahrzeuge. Der Grund für den kleinen Effekt: Stahnsdorf bleibt attraktiv – mit wachsenden Einwohnerzahlen und steigenden Verkehrszahlen.

Spürbar werden hingegen die Güterfelder entlastet, wird die neue Ortsumgehung wie geplant gebaut: Derzeit rollen täglich knapp 16 000 Fahrzeuge durch das Dorf. Bleibt alles beim Alten, wird sich die Zahl bis zum Jahr 2020 verdoppeln. „Deshalb ist die neue L 40 sinnvoll“, sagte Baumann. Denn knapp 92 Prozent der durch Güterfelde fahrenden Fahrzeuge seien auf der Durchreise – Verkehr, der auf der Umgehungsstraße rollen würde. Nur rund 7300 Fahrzeuge werden nach dem Bau pro Tag erwartet. Allerdings nur, wenn es bei der geplanten Nordumfahrung bleibt. Eine ebenfalls diskutierte Südvariante würde das Dorf weiter deutlich belasten – in Richtung Stahnsdorf müssten die Autos trotzdem durch Güterfelde.

Neben dem motorisierten Verkehr wurde das Fuß- und Radwegenetz, Schulwege und der ÖPNV untersucht. Hier gebe es Verbesserungsbedarf, erklärte Baumann. So sollten neue Ampeln auf Schulwegen gebaut werden, die Busanbindungen sollten optimiert werden.

Die Kritik am Plan fiel dennoch hart aus: „Der Verkehrsentwicklungsplan ist vermurkst. Er hat das Ziel der Verkehrsverringerung nicht erreicht“, sagte Thomas Michel (Grüne). Modern wäre es, den Verkehr zu beschränken. Auch Silke Kuck-Schellhammer (SPD) mahnte: L 40 und L 77 würden weiteren Verkehr nach Stahnsdorf bringen und den Stahnsdorfer Hof belasten. Gunnar Schilling (Grüne) sieht in der L 77 eine „hervorragende“ Abkürzung für Lkw, um Maut zu sparen.

Diese Gefahr sieht Verkehrsgutachter Baumann nicht. Zu hoch sei der Zeitverlust für Lkw-Fahrer. Kritisch sieht er auch Überlegungen für eine Tram nach Potsdam – sie könne die dringendere S-Bahn nach Stahnsdorf verhindern. Die sei sinnvoll, um das Verkehrsaufkommen zu mindern. Tobias Reichelt

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