Von Hagen Ludwig: Mehrere Vorwürfe der Vorteilsnahme
Korruptionsbeauftragter des Landratsamtes: Sensibilität der Mitarbeiter mittlerweile gewachsen
Stand:
Potsdam-Mittelmark - Zwei Vorwürfe der Bestechlichkeit und Vorteilsnahme im Landratsamt sind jüngst vor Gericht behandelt worden. Der einstige Verkehrsamtsleiter Lutz L. musste eine Geldbuße von 3000 Euro zahlen, weil er einem Autohändler zwischen den Jahren 2000 und 2002 unter anderem eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach 19 Flensburg-Punkten erspart hatte. Als Dank dafür erhielt er laut Gericht einen deutlichen Preisnachlass beim Autokauf. In einem anderen Fall konnte einem Mitarbeiter der Bauaufsicht nicht bewiesen werden, im Jahr 2002 eine Uhr im Wert von 179 Euro von einem Projektentwickler angenommen zu haben (PNN berichteten).
War dies nur die Spitze eines Eisberges und muss demnächst mit neuen Prozessen gerechnet werden? Nach Informationen des Korruptionsbeauftragten des Landratsamtes, Reinhard Neubauer, ermittelt die Staatsanwaltschaft in weiteren Fällen gegen Beschäftigte der Bauaufsicht wegen Vorteilsnahme. Sie würden entweder mit dem bereits vor Gericht behandelten Fall aus dem Jahr 2002 zusammenhängen oder ähnlich gelagert sein. Unter anderem gehe es um den Vorwurf der Annahme höherwertiger Geschenke nach erfolgter Erteilung von Bescheiden, heißt es im gestern der Presse vorgelegten schriftlichen Bericht des Korruptionsbeauftragten. Der genaue Stand der Ermittlungen sei nicht bekannt, hieß es.
Reinhard Neubauer ist Fachdienstleiter für allgemeines Recht und wurde Anfang 2004 im Nebenamt zum ersten Korruptionsbeauftragten des Landratsamtes ernannt. Grundsätzlich sei den Mitarbeitern des Landratsamtes die Annahme jeglicher Geschenke untersagt, dass betreffe auch das Päckchen Kaffee oder einen Kugelschreiber. „Bei meinem Amtsantritt habe ich jedoch festgestellt, dass diese Regelung nur bedingten Anklang in der Verwaltung gefunden hatte“, so der Justitiar. Dieser ursprünglich eher laxe Umgang werde mittlerweile nicht mehr gepflegt, die Sensibilität der Mitarbeiter sei gewachsen, sagte Neubauer gestern bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichtes.
Insgesamt seien verwaltungsintern seit Januar 2007 elf Untersuchungen gegen Beschäftigte der Verwaltung geführt worden, so Neubauer. In keinem der Fälle sei jedoch eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft notwendig gewesen. Angezeigt wurden vom Landratsamt jedoch zwei Bestechungsversuche. In einem Fall habe ein ausländischer Bürger in der Ausländerbehörde seinem Antrag ungefragt einen 500-Euro-Schein als „privates Geschenk“ beigefügt, berichtete Neubauer. Der Mitarbeiter des Landratsamtes verweigerte die Annahme und informierte seinen Vorgesetzten. Für den Bestechungsversuch sprach das Gericht eine Freiheitsstrafe auf Bewährung aus.
Grundsätzlich seien das Verkehrsamt, die Bauaufsicht und Ausländerbehörde laut Neubauer besonders sensible Bereiche. Großes Augenmerk habe man in den vergangenen Jahren auch auf die Auftragsvergabe gelenkt, wo es mitunter um Millionenwerte für den Landkreis geht, erklärte der Korruptionsbeauftragte. So wurde das „Vier-Augen-Prinzip“ durch das „Sechs-Augen-Prinzip“ ersetzt. Das heißt, dass jeder Auftrag vor seiner Vergabe nicht nur vom zuständigen Fachbereich und der Vergabestelle, sondern auch vom Rechnungsprüfungsamt zu bestätigen ist.
Zudem seien zusätzliche technische Sicherungen eingeführt worden, um Manipulationen nach der Zuschlagserteilung zu vermeiden. Der Grund: „Vor allem in den Jahren 2004 bis 2006 hatten wir mehrmals den Eindruck, dass es Absprachen zwischen Planern und bauausführenden Firmen zuungunsten des Landratsamtes gab“, so Neubauer. Ursprünglich wollte das Landratsamt das neue technische Verfahren zur Manipulationsprävention öffentlich vorstellen. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Neuruppin habe jedoch davon abgeraten, so Neubauer. Die Bieter würden sich ansonsten neue Ausweichmöglichkeiten suchen, hieß es.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: