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KulTOUR: Meine Kiste – deine Kiste ...

Comédie Soleil in Werder versucht sich mit „Kikerikiste“ erstmals am Kindertheater

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Werder (Havel) - Für Kinder zu inszenieren, ist bekanntlich das Königsformat aller Theaterkunst. Einerseits sind die Knirpse besonders leicht zu begeistern, andererseits muss einfach alles stimmen, sonst laufen sie einem davon. Oder kommen nicht wieder. Oder stören den einstudierten Betrieb ohne Rücksicht auf Verluste. Oft bringt erst der Erfahrungs-Bonus eines Regisseurs, eines Ensembles, den gewünschten Erfolg, Lehrgeld aber zahlt hier wohl jeder – wäre es sonst die höchste aller Theaterkünste?

Die Werderaner Comédie Soleil mit ihrer neuen Besatzung um Karoline Hugler hat mit Paul Maars „Kikerikiste“ ihr erstes Experiment in Sachen Theater für Kinder gewagt – und Lehrgeld zahlen müssen. Am Stück hat es nicht gelegen, obwohl das Thema Weihnacht darin so direkt nicht vorkommt. Es erzählt auf ganz naive Art die Geschichte von Bartholomäus (Uwe Poppe) und Kümmel (Karoline Hugler), die in je einer Kiste wohnen, miteinander spielen und streiten, bis ein Musikmarschierer (Susanne Heubaum) sie gegeneinander ausspielt und ihnen das Letzte abluchst, ihre Kisten. Hier hat sich also eine recht fragile Freundschaft immer wieder zu bewähren, was meist danebengeht.

Schönes Thema, wenn man es richtig anpackt, ein Flop in spe, wenn so ziemlich alle Grundlagen für etwas fehlen, was dieses Stück nun ganz besonders braucht, eine Regie, die Figuren zu führen versteht, Intuition zum tieferen Erfassen der Spielsituationen, szenische Erfindungsgabe, um die dürftigen Texte mit Leben zu füllen, uferlose Spielfreude, das mögen die Kinder am meisten, schon in eigener Sache. Und dann noch ein bisschen Drumherum, damit man weiß, wo das spielt, und ein paar Noten Musik fürs Atmosphärische.

„Extern“ stimmte ja auch alles, das um den Förderverein erweiterte Team hatte Kuchen für die Gäste gebacken, Tee gab es und Kakao, alles sehr liebevoll vorbereitet, auch wenn es im Zuschauerraum ziemlich mau aussah. Mehr noch auf der Bühne, wo alles so dröge endete, wie es vor 70 Minuten begann. Versprochen war, für Kinder ab fünf, „eine klassische Clowneske, komisch und traurig zugleich, die mit Witz, Wärme und Charme begeistert“. Der Programmzettel versprach ein „temporeiches Theaterstück“, wovon keine Rede sein konnte, im Gegenteil. In der überforderten Spielleitung von Thomas Frick gab es statt zielgerichteter Figurenführung nur Langeweile, hilflose Versuche, die Rollen im dürren Gerüst diese Textes irgendwie über die Zeit zu bringen. Mehr Tempo wäre allerorten angebracht.

So könnte man über verschenkte Spielsituationen, über leerlaufende Darstellerei und all das reden, was echtes Theater verhindert. Selbst das theatralische Minimum, also eine klare Entscheidung was da wie zu spielen sei, fehlte. So wussten die beiden Protagonisten nicht viel mit sich anzufangen. Eine klassische Clowneske? Mitnichten, das muss man erst einmal können!

So wurde mal dies und dann jenes gespielt. Leben und damit Bewegung brachte einzig Susanne Heubaum als Musikmarschierer hinein, trotz pressierter Sprache. Leider brachte auch sie Kümmel und Bartho kaum aus ihrer Passivität heraus. Warum wurden die Kinder nicht einbezogen, warum räumte der prächtige Militarist zuletzt auf ein Wort hin die Bühne, anstatt seinen Kehraus riesengroß zu inszenieren? Und das Wort „Kikerikiste“? Hier wird so ziemlich alles verschenkt, was Kindern hätte Freude machen können. Schade. Gerold Paul

Gerold Paul

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