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Impulsverdichtung vor dem Baustart. Die Kristall Bäder AG wusste über die Standortbedingungen Bescheid.

© Hans-Hartwig Lau

Potsdam-Mittelmark: Mieser Baugrund war kein Geheimnis

Die Kristall Bäder AG hat vor der Auftragsvergabe für Werders Blütentherme von der schlechten Bodenbeschaffenheit des Baufeldes gewusst. Jetzt will sie Mehrkosten dafür geltend machen

Stand:

Werder (Havel) - Von den schwierigen Baugrundverhältnissen für die Blütentherme hat die Kristall Bäder AG weit vor der Auftragsvergabe gewusst. Das geht aus den PNN vorliegenden Rathausunterlagen hervor. Zudem hat das Unternehmen den Stadtverordneten vor knapp einem Jahr schriftlich zugesagt, dass aus den Problemen mit dem Baugrund keine Mehrkosten entstehen werden.

Wie berichtet fordert die Kristall Bäder AG von der Stadt Werder aktuell einen Teil der Mehraufwendungen für das im Bau befindliche Bad, nämlich 900 000 Euro. Begründet wird das mit der verzögerten Baugenehmigung, mit Bauauflagen und auch mit Gründungsproblemen, durch die allein angeblich Zusatzkosten von 1,6 Millionen Euro entstanden sind. An sich war mit dem Rathaus ein Festpreis von 18 Millionen Euro vereinbart. Die Kristall Bäder AG beruft sich nun auf Vertragsklauseln für unverschuldete Zusatzkosten, die Stadt ist noch am Prüfen.

Das mittelfränkische Unternehmen war im Januar 2011 als Sieger aus einem Vergabeverfahren für das neue Bad in den Havelauen hervorgegangen. Monate zuvor war vom Ingenieurbüro Horn & Müller aus Berlin und dem Potsdamer Baugrundbüro Dölling der Baugrund des Thermengrundstücks am Zernsee umfassend auf Altlasten und seine Tragfähigkeit untersucht worden. Den Auftrag dazu hatten die Stadtverordneten im Juni 2010 erteilt. Dem Rathaus war es darum gegangen, „allen Beteiligten des Vergabeverfahrens Sicherheit für ihre Kalkulation zu geben“, wie es hieß.

Aus Voruntersuchungen war schon bekannt, dass es Probleme geben wird. Von einem „äußert ungünstigen Trag- und Setzungsverhalten“ der oberen Bodenzonen war in einem Schreiben des Baugrundbüros Dölling die Rede, während im Untergrund ein „normal tragfähiger Baugrund“ erwartet wurde. Das wurde dann genauer durchleuchtet. Die Experten nahmen sogar unter die Lupe, welche Lösungsvorschläge die Bewerber des Vergabeverfahrens für den komplizierten Baugrund anbieten. Für „baugrundtechnische Aspekte“ wurden eigene Angebote angefordert. Die Details dieses sogenannten „wettbewerblichen Dialogs“ wurden nie öffentlich.

Fachleute rechneten an sich damit, dass der Neubau auf Pfählen errichtet werden muss. Die Kristall Bäder AG entschied sich dann für ein sogenanntes „Impulsverdichtungsverfahren“ – eine neuere Technik, um schlechten Baugrund für das Fundament vorzubereiten. Der Boden wurde bis in sieben Meter Tiefe mit einem neun Tonnen schweren Fallgewicht verfestigt. Das Geländeniveau wurde damit um etwa 50 bis 80 Zentimeter abgesenkt und dann wieder aufgeschüttet.

In einem Sachstandsbericht erklärte der Geschäftsführer der Kristall Bäder AG, Frank Nägele, den Stadtverordneten dann im Dezember 2012, dass die Gründungsmaßnahmen teurer als geplant geworden sind, unter anderem weil sich der Grundwasserspiegel während der Impulsverdichtung verändert habe und eine Beruhigung abgewartet werden musste. Aber Nägele teilte auch mit: „Die Mehraufwendungen hierfür konnten kostenneutral dargestellt werden.“

SPD/Grünen-Fraktionschefin Anja Spiegel erklärte gestern auf PNN-Anfrage, dass der Baugrund vor der Vergabe zum Bau und Betrieb des Bades auf Betreiben der SPD begutachtet worden sei. „Wir haben damals nach der Bodenbeschaffenheit und den damit verbundenen Kosten gefragt.“ Deshalb sei es zu der Expertise gekommen, deren Inhalt sie allerdings nicht kenne. Spiegel forderte gestern erneut, das Baugrundgutachten offenzulegen. „Nur so kann man abgleichen, welche Überraschungen es tatsächlich noch gegeben hat.“

Die SPD hatte wegen der Nachforderung ans Rathaus auch die Offenlegung des zwischen Stadt und Rathaus geschlossenen Vertrages gefordert, im Stadtparlament gab es dafür am Donnerstag keine Mehrheit. Am Freitag dann hatte der Aufsichtsratschef der Bädergruppe, Heinz Steinhart, überraschend verkündet, dass es kein Problem sei, Vertragsteile zu veröffentlichen, um darzulegen, dass die Nachforderungen an die Stadt berechtigt sind (PNN berichteten).

Anja Spiegel zeigte sich gestern verwundert, dass das Rathaus vor der Beschlussfassung nicht bei Steinhart vorgefühlt hat. Das Argument, dass die Kristall Bäder AG ein Geheimhaltungsinteresse habe, sei vorgeschoben. Spiegel fragt sich jetzt: „Was haben Bürgermeister, Beigeordnete und CDU zu verheimlichen?“ Sollte doch noch die Erkenntnis reifen, dass Transparenz nicht schadet, erwarte sie die Einberufung einer Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung.

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