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Potsdam-Mittelmark: Mission erfüllt

Urkunden statt Medaillen: Landtagspräsident Fritsch würdigte Soldaten für ihren Dienst in Afghanistan

Von Eva Schmid

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Beelitz - „Paradeaufstellung, im Gleichschritt Marsch“, ruft der Ehrenzugführer am Donnerstag auf dem Appellplatz vor der Beelitzer Hans-Joachim-von-Zieten-Kaserne: Mit ernsten Gesichtern nehmen die Soldaten die Formation ein. 260 der in Beelitz stationierten Männer und Frauen des Logistikbataillons 172 sind im März von ihrem viermonatigen Einsatz in Afghanistan zurückgekehrt – jetzt sind sie zum Appell angetreten.

„Sie haben sich für einen gefährlichen Einsatz entschieden – ich danke Ihnen dafür im Namen der meisten Landtagsabgeordneten“, sagt Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) den Heimkehrern. Während der Willkommens-Reden weichen langsam die ernsten Gesichter der Soldaten. Unter ihnen ist auch Hauptmann Mathias Franke, der während des Appells den Einsatz Revue passieren lässt. „Ich denke an die schönen Momente, die blöden vergisst der Mensch zum Glück ja schnell“, erzählt er den PNN am Rande der Veranstaltung. Als Kompaniechef hat der zweifache Familienvater 130 Soldaten während des Einsatzes geleitet. Die Logistiker sind für die Versorgung der deutschen Soldaten in Afghanistans Norden zuständig. Von der Zahnbürste über Munition bis zur Feldpost – das Beelitzer Bataillon stattete während der vergangenen Monate andere deutsche Einheiten mit allem Nötigen aus.

„Wir sind auch eine Art Taxiunternehmen“, beschreibt Franke seine Arbeit. Bei ihrer Mission hätten sie auch besonders häufig Kollegen und Personen durch das Land am Hindukush gefahren. Dabei mussten die Beelitzer auch umkämpfte Gebiete und gefährliche Korridore wie den 60 Kilometer langen Baghlan-Korridor durchqueren. „Der Adrenalinspiegel bei solchen Transporten sinkt erst, wenn man wieder sicher im Lager zurück ist.“ Die nach wie vor gefährliche Sicherheitslage habe sich nach Ansicht des Hauptmanns besonders brisant für die afghanischen Sicherheitskräfte entwickelt. Sehr häufig seien sie mittlerweile Ziel der Anschläge von Aufständischen.

Für den 32-Jährigen ist der Rückkehrer-Appell nach seinem dritten Auslandseinsatz nichts Spektakuläres mehr, dennoch ist er froh, wieder zurück zu sein. „Afghanistan ist für mich eine unwirkliche Welt.“ Mit Einheimischen kamen die Logistiker, die in dem internationalen Camp Marmal mit über 5000 Soldaten nahe der Stadt Mazar-el-Sharif stationiert waren, selten in Kontakt. Wenn sie jedoch auf Einheimische trafen, dann fiel die Armut vieler Familien dem Kompaniechef besonders auf: „Der Winter dort ist zwar nicht so streng, aber wenn wir dick eingepackt sind und Kinder sehen, die bei Temperaturen um null Grad nur mit Sandalen rumlaufen, dann tut einem das sehr leid.“ Bei allen Entbehrungen die ein Auslandseinsatz mit sich bringt, will der Hauptmann die Mission nicht missen: „Ein Einsatz ist die Königsdisziplin“, sagt Franke. Man bereite sich so lange darauf vor, dass man dann auch die nächste Stufe erreichen wolle.

Zum Dank erhielten die Beelitzer Soldaten am Donnerstag von Landtagspräsident Fritsch eine Urkunde. Er nahm dabei auch Bezug auf den Streit um die ursprünglich geplante „Brandenburg-Medaille“ für die Heimkehrer (PNN berichteten). Man könne streiten über die Entscheidung des Bundestages zur Beteiligung deutscher Streitkräfte, sagte Fritsch. „Das andere aber ist die Anerkennung derjenigen, die in Erfüllung eines Auftrages ihren Dienst – durchaus unter Einsatz ihres Lebens – getan haben. Darüber sollte man meiner Einschätzung nach nicht streiten“, betonte der Landtagspräsident.

Im Beisein von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) würdigte Fritsch die Arbeit der Soldaten in Afghanistan, die physisch und psychisch belastend sei. Zwar könne keine endgültige Erfolgsbilanz der Einsätze seit 2001 gezogen werden. Dank der Schutztruppen werde jedoch verhindert, dass das Land zu einem Rückzugsgebiet für internationale Terroristen werden könne, sagte er.

Um die Ehrung der Soldaten hatte es in der rot-roten Landesregierung Streit gegeben. Ursprünglich sollten die Rückkehrer von Auslandseinsätzen erstmals eine Medaille erhalten. Die Linksfraktion im brandenburgischen Landtag hatte jedoch eine pauschale Ehrung von Soldaten abgelehnt. Bei der Bundeswehr in Beelitz war die Medaillen-Diskussion auf Enttäuschung gestoßen. Dort hatte man auf Bitten des Landtages bereits Namenslisten übersandt. (mit dpa)

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