Potsdam-Mittelmark: Mit Beil und Fuchsschwanz auf der Jagd
Erlebnis Weihnachtsbaumschlagen in den Wäldern zwischen Michendorf und Werder
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Schwielowsee - So viele „Jäger“ an einem Wochenende – das ist selten im Revier Caputh: Bewaffnet mit Beil oder Säge steigen sie zu Dutzenden durch das Unterholz, wachen Blickes und auf der Suche nach ihrer grünen Beute. Es sind ältere Paare, junge Familien und jede Menge Kinder, die hier im Wald unterwegs sind und den Weihnachtsbaum für dieses Jahr selbst schlagen wollen.
Überall in der Region hat das Amt für Forstwirtschaft in Belzig an diesem Wochenende Selbstschlage-Aktionen angeboten, in Plessow gibt es mit dem Werderaner Tannenhof darüber hinaus einen Privatunternehmen, das bis zum 24. Dezember geöffnet hat. „Den Leuten geht es um das Erlebnis“, sagt Revierförster Manfred Schulz, der hier im Nesselgrund gut einen Hektar junger Kiefern zur „Ernte“ freigegeben hat. Bereits am frühen Samstagnachmittag haben gut 150 Bäume den Wald verlassen. „Manche nehmen gleich mehrere mit und statten damit Verwandte und Bekannte aus.“ Der Stückpreis liegt zwischen 8 und 15 Euro.
Familie Masopust ist in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. „Normalerweise kaufen wir den Baum immer erst einen Tag vor Weihnachten beim Händler“, erzählt Mutter Ines. Heute habe man mal Zeit gefunden, ihn selbst zu schlagen. „Hier wissen wir auch, dass er wirklich frisch ist“, sagt Vater Hans-Jochen. Dass es hier ausschließlich Kiefern gibt, stört keineswegs, denn statt Nordmanntanne oder Blaufichte stellen sich die Michendorfer ohnehin lieber ein Stück Heimat ins Wohnzimmer. „Auf meine Kiefer bestehe ich“, sagt Ines Masopust. Die Nadeln würden länger halten und zwischen den hoch stehenden Zweigen ließen sich sehr gut kleine Nester für Süßigkeiten bauen.
Die ersten hundert Meter im Wäldchen versprechen allerdings noch keine gute Beute, die besten Bäume sind längst abgeholzt. Zu ausladend, zu kümmerlich – jedes Gewächs wird kritisch beäugt. „Sie müssen weiter nach hinten durch“, ruft ein Mann durchs Holz, der seinen Baum bereits geschultert hat und unterwegs zur Kasse ist. Mit Töchterchen Theresa an der Hand geht es also tiefer in den Wald hinein.
Am Rande des Caputher Heuwegs binden Andere ihre Bäume bereits auf die Autodächer. Wer einen Kombi hat, versucht, den Baum hinein zu zwängen. Die Nummernschilder verraten: Hier sind vorwiegend Berliner, Potsdamer und ein Großteil Mittelmärker unterwegs. Es gibt einen Bratwurststand, weihnachtliche Handwerkserzeugnisse werden verkauft und ein Stück weiter schnitzen Forstwirtschaftslehrlinge Figuren und Vogelhäuser aus Baumstämmen – mit der Kettensäge. Auch der Meister selbst zeigt sein Können: Oliver Dossow, mehrmals zu Brandenburgs bestem Holzfäller gekürt und 1994 sogar Dritter der Weltmeisterschaft, lässt geschickt das Schwert rotieren und zaubert aus einem Scheit ein Eichhörnchen.
Familie Masopust ist indes immer noch auf der Suche. Während Ines und Theresa unschlüssig zwischen den Bäumen stehen, sehen sie den Papa aus der Ferne winken. Zuversicht macht sich breit, sie eilen zu ihm. Mit der Feststellung, „den perfekten Baum gibt es nicht“, deutet er auf seinen Fund, der an einer Seite nicht ganz vollendet geformt ist. Der Platz im Wohnzimmer wird sich noch einmal vergegenwärtigt, und Mutter Ines ist einverstanden – „mit einer Seite steht er sowieso zur Wand, und den Rest machen wir mit Lametta.“ Der Fuchsschwanz wird angesetzt und nach wenigen Sekunden fällt die Kiefer. Sie wird die Feiertage nun bei Familie Masopust verbringen.
Auf dem langen Rückmarsch immer wieder das gleiche Bild: Erwachsene begutachten kritisch die Bäume, führen lange Beratungsgespräche, Kinder toben durch den Wald. Ein kleines Abenteuer ist es wohl für alle. Und mit leeren Händen verlässt hier niemand den Wald.
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