Prozess um Anschlag auf Neuseddiner Pension: Mit Benzin übergossen
Frank B. hat eine Pension angezündet und Menschenleben gefährdet. Nun begann der Prozess.
Stand:
Seddiner See - Ja, er habe seine Dienstwohnung in einer Pension in Neuseddin in Brand setzen und auch ein weiteres Feuer in der Rezeption legen wollen, damit ihm „endlich mal einer zuhört“. Doch Menschen wollte er nicht schaden. Damit begann der 44-jährige Frank B. am gestrigen Montag vor dem Potsdamer Landgericht seine Ausführungen zur Tat am 21. Juni vergangenen Jahres. Angeklagt ist er wegen versuchten Mordes, Brandstiftung und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung.
Frank B. gab zu, in seiner Hausmeister-Dienstwohnung in einer Pension in der Neuseddiner Florastraße einen Wasserkocher knapp zur Hälfte mit Benzin gefüllt und auch Benzin rund um den Wasserkocher verschüttet zu haben. Er habe gewusst, dass dem restlichen Haus lange nichts passiere, wenn die Wohnung brennt, und keine Menschen gefährdet wären, da es eine gute Brandschutzanlage gebe. Weil er Angst gehabt habe, sich selbst zu verbrennen, stellte er den Wasserkocher nicht direkt an, sondern steckte ihn in ein Verlängerungskabel, das er erst an der Wohnungstür in die Dose steckte. „Ich bin ein sehr praktischer Mensch, mir fallen innerhalb von kurzer Zeit Lösungen ein“, sagt der Angeklagte, der seit der Tat in der Untersuchungshaft in Brandenburg/Havel sitzt. Doch erst einmal passierte in der Wohnung nichts. Erst eineinhalb Stunden später kam es zur Explosion mit einem Sachschaden von 25 000 Euro.
In der Zwischenzeit hatte B. etwa einen halben Liter Benzin und ein Feuerzeug genommen und sei den Flur entlang geschritten, die Tür zur Rezeption stand offen. Ohne in den Raum zu schauen, habe er das Benzin über dem Empfangstresen verschüttet – und damit auch über die Arme der Angestellten Bettina H., die gerade über den Tresen gebückt eine Quittung ausstellen wollte. Sie schrie auf und rannte vor dem Tresen hervor. Nach ihrer Schilderung habe B. dann den Tresen angezündet und sie anschließend gewürgt, als sie aus dem Raum flüchten wollte, da die Flammen schon etwa einen halben Meter hoch schlugen. Sie ließ sich zu Boden fallen, er ließ sie los und verließ den Raum. Als sie ihm folgen wollte, sei die Tür verschlossen gewesen. „Ich habe mehrfach in Panik an der Klinke gerüttelt, aber es ging nichts“, so Bettina H. Dann ging sie zum Fenster, konnte im dunklen Rauch kaum noch dessen Griff finden. In letzter Sekunde habe sie es doch noch öffnen können: Mit einer Judorolle, wie sie sagte, rettete sie sich aus dem Raum im Erdgeschoss. Dabei zog sie sich Prellungen zu, blieb aber sonst unverletzt.
Der Angeklagte schilderte die Situation anders: Er habe die Frau nicht gewürgt, sondern nur mit einem Arm weggehalten, während er mit der anderen Hand den Tresen anzünden wollte. Er habe sie nicht in Gefahr bringen wollen, dachte, sie wäre zum Joggen unterwegs. Auch habe er die Tür nicht verschlossen.
Nach kurzer Flucht hatte Frank B. seinerzeit selbst die Polizei angerufen und sich gestellt. Den Zwischenfall mit Frau H. habe er „gar nicht als schlimm empfunden“. Erst als er im Polizeiwagen saß und im Funk von einer Explosion in Neuseddin hörte, bei der ein Polizist am Bein verletzt wurde und mehrere Rettungskräfte durch die Druckwelle umgeworfen wurden, sei ihm klar geworden, was er angerichtet hatte. Durch den Wasserkocher wurde das Benzin offenbar gasförmig, bildete eine Gaswolke und entzündete sich explosionsartig. Den Brand an sich bereute Frank B. gestern nicht. Vielmehr sei er wütend, dass er statt des Wasserkochers nicht den Toaster benutzt habe, da es dadurch zum gewünschten Brand statt der Explosion gekommen wäre.
B. war 16 Monate lang Hausmeister der Pension gewesen, wurde aber wegen mehrfacher Beleidigung von Bettina H. gekündigt. Sie hatte er unter anderem als „Nazi-Schlampe“ und „Vorsitzende der Verbrecherbande“ beschimpft, weil er sich um Lohn betrogen fühlte. Am Tag des Brandes hätte seine Wohnung zwangsgeräumt werden sollen.
Das Landgericht hat in dem Verfahren sieben weitere Verhandlungstage angesetzt. Insgesamt sind 35 Zeugen geladen, am Donnerstag Polizisten und eine Gerichtsvollzieherin. Hauptsächlich soll geklärt werden, ob Frank B. Bettina H. umbringen wollte oder nicht. Im Gegensatz zum Täter sagte H., sie könne sich nicht vorstellen, dass er sie nur unabsichtlich mit Benzin übergossen habe. Sie leidet seither unter Angstattacken und ist in Behandlung. Bei versuchtem Mord droht dem Angeklagten eine lebenslange Haftstrafe. Enrico Bellin
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