zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Mit Bürgermeister auf Stimmenfang

Viele Rathauschefs stellen sich zur Kommunalwahl, doch nehmen sie so gut wie nie an – jetzt gibt es Kritik

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Werner Große aus Werder (Havel) tut es und Kerstin Hoppe in Schwielowsee auch. Michael Knape stellt sich in Treuenbrietzen zur Wahl und Reth Kalsow in Groß Kreutz. Vier Bürgermeister aus Mittelmark sind auf den Listen zur im Mai anstehenden Kommunalwahl zu finden, seit vergangener Woche gehört auch Stahnsdorfs Rathauschef Bernd Albers (BfB) dazu. Die Chancen der Bürgermeister, ein Mandat zu erobern, sind gut. Doch annehmen werden die fünf die Wahl wohl kaum – denn im Gegenzug müssten sie auf ihr Amt im Rathaus verzichten. Grund genug für die Stahnsdorfer SPD, Albers bereits vor der Abstimmung zur Rede zu stellen: Bekommt Stahnsdorf einen neuen Bürgermeister?

Die Stahnsdorfer SPD hat Rathauschef Albers am gestrigen Montag aufgefordert, sich zu einem möglichen Rücktritt zu bekennen. „Albers muss sich entscheiden“, sagte der SPD-Politiker Dietmar Otto den PNN. Noch vor der Kommunalwahl solle er sagen, ob er als Bürgermeister zurücktreten werde. Für seine Wählergruppe wird Albers auf dem ersten Listenplatz für das Gemeindeparlament kandidieren und „aller Voraussicht in die neue Gemeindevertretung gewählt werden“, so Otto. „Es ist nicht davon auszugehen, dass er das Ehrenamt eines Gemeindevertreters ausschlagen wird.“ Wenn doch, dann hätte er die Stahnsdorfer Wähler getäuscht, erklärte der SPD-Politiker. Otto forderte den Bürgermeister auf, die Wähler nicht zu verunsichern. „Einige denken bereits, es ist Bürgermeisterwahl.“ Die steht in Stahnsdorf regulär jedoch erst im Jahr 2016 an. Für den Fall, dass Albers nun tatsächlich zurücktreten würde, schlägt die SPD bereits einen Termin für die Neuwahl vor: „Die Wahl soll aus Kostengründen am 14. September 2014 gemeinsam mit der Landtagswahl stattfinden.“

Dass Bürgermeister in Brandenburg zur Kommunalwahl kandidieren, ist nicht ungewöhnlich und wahlrechtlich möglich – obwohl sie bereits qua Amt als Mitglied der Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung zählen. Das sagte Bettina Cain, Sprecherin des Landeswahlleiters. „Wenn ein Bürgermeister gewählt wird, muss er sich aber für ein Amt entscheiden.“ Er kann nur ein Mandat innehaben – Bürgermeister oder Gemeindevertreter. Das gilt auch bei der Wahl zum Kreistag.

„Viele Bürgermeister nutzen die Chance, um bei einer Kommunalwahl zu sehen, ob ihre Politik ankommt“, sagte Cain. Dabei sei für sie allerdings Zurückhaltung und Neutralität geboten. „Für einen Bürgermeister ist ein maßvoller Wahlkampf angebracht.“ Sie dürfen ihre Funktion als Bürgermeister nicht ausnutzen und zum Beispiel Rathausmitarbeiter für Wahlwerbezwecke einspannen.

Auch Kreiswahlleiterin Kerstin Kümpel hat in Mittelmark bereits etliche Bürgermeister auf den Listen zu Kommunalwahlen stehen sehen. Selbst für viele Stahnsdorfer Wähler ist die Kandidatur eines Rathauschefs keine Premiere: Albers Vorgänger, der CDU-Politiker und frühere Bürgermeister Gerhard Enser, war seinerzeit ebenfalls auf der Kommunalwahlliste vertreten. Enser schlug das gewonnene Mandat später aus und blieb Bürgermeister. Das ist wohl auch bei Bernd Albers zu erwarten, so Kümmel. Sie kennt jedenfalls keinen anderen Fall.

„Das kann man vielleicht moralisch verwerflich finden, rechtlich ist das in Ordnung“, sagte Kümpel. Obwohl die Wähler natürlich davon ausgehen müssen, dass die Person, der sie ihre Stimme geben, von ihrem Mandat auch Gebrauch macht. Wird ein Mandat nach der Wahl jedoch abgelehnt, wandert es einfach einen Listenplatz weiter nach unten – meist zu einer Person, die dann weniger Stimmen gewinnen konnte. Ein Änderung des Systems habe der Gesetzgeber bislang nicht thematisiert, sagte Kümpel.

Stahnsdorfs Bürgermeister Albers erklärte sich am Montag gegenüber den PNN indes lediglich schriftlich: Seine Kandidatur sei vom Wahlausschuss der Gemeinde am vergangenen Freitag einstimmig und ohne Beanstandung zugelassen worden. „Einwände gegen die Kandidatur wurden auch von der SPD nicht vorgebracht“, verteidigte sich Albers.

Stahnsdorfs SPD-Politiker Otto spricht trotzdem von Augenwischerei: Ein Bürgermeister zum Stimmenfang sei zwar rechtlich in Ordnung – „wir empfinden das aber als undemokratisch“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })