Aus dem GERICHTSSAAL: Mit dem Rad auf der A 10
Betrunkener wollte Heimweg abkürzen
Stand:
Werder - Die Autofahrer glaubten ihren Augen nicht zu trauen. Mitten auf der A 10, zwischen den Anschlussstellen Töplitz und Groß Kreutz, war in der Nacht des 26. November 2006 ein Radfahrer in Richtung Werder unterwegs. Mehrere Verkehrsteilnehmer riefen die Polizei. Ein Berliner Beamter, auf dem Weg nach Hause, stoppte den offensichtlich Betrunkenen kurzerhand, hielt ihn bis zum Eintreffen seiner Kollegen fest. Die nahmen den Radler mit zur Wache. Die ihm dort abgenommene Blutprobe wies immerhin 2,09 Promille auf. Jetzt saß Sebastian S.* (25) wegen vorsätzlichen Fahrens unter Alkoholeinfluss auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Das brachte ihm die empfindliche Strafe von 1050 Euro ein.
„Ich habe die Situation nicht als so gravierend eingeschätzt“, bekannte der in Schlips und Kragen Erschienene. Eigentlich habe er nach einer Feier nur nach Hause gewollt, dabei die Autobahn als Abkürzung gewählt. „Dass ich so viel intus hatte, hätte ich nicht gedacht“, beteuerte der bereits wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Trunkenheit, Unfallflucht sowie uneidlicher Falschaussage Vorbestrafte. „Ich war der Meinung, mit dem Fahrrad auf der sicheren Seite zu sein.“ Und da er mit seinem Veloziped auf den Feld- und Waldwegen, die er zuvor überquerte, nicht stürzte, habe er angenommen, noch gefahrlos am Verkehrsgeschehen teilnehmen zu können.
Die Vorsitzende konnte es nicht fassen. „Wie kommt man auf die Idee, mit dem Fahrrad auf der Autobahn unterwegs zu sein?“, fragte sie stirnrunzelnd. „Haben Sie auch nur einen Augenblick daran gedacht, in welche Gefahr Sie sich dadurch begeben.“ Sebastian S. gab sich schuldbewusst. „Was mich da geritten hat, kann ich heute auch nicht mehr sagen“, bekannte er kleinlaut.
Bei Autofahrern gelten 1,1 Promille als Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit. Für Radfahrer sieht der Gesetzgeber immerhin 1,6 Promille vor. Wird man mit mehr erwischt, zählt es als Straftat. Vorher wird es als Ordnungswidrigkeit geahndet.
Der Verteidiger schwang sich schwer in die Bresche, seinem Mandanten fahrlässiges Verhalten nachzuweisen. „Je mehr Alkohol man trinkt, desto stärker sinkt die Kritikfähigkeit. Vorsatz greift nur dann, wenn man sicher weiß, dass der genossene Alkohol zur Fahruntüchtigkeit führt.“ Mit seiner Autobahnfahrt, die auch nach seiner Auffassung Wahnsinn gewesen sei, habe es Sebastian S. förmlich darauf angelegt, erwischt zu werden, so der Rechtsanwalt. Der Angeklagte hätte seine Fahruntauglichkeit erkennen können", betonte die Richterin.
Dass Sebastian S. die Autobahn als Abkürzung wählte, sei allein auf seine alkoholische Beeinflussung zurückzuführen. Er könne sicher sein, dass sich die Führerscheinstelle damit befassen werde, ob er geeignet sei, in näherer Zukunft mit dem Auto am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen, kündigte die Richterin an. (*Name geändert.) Hoga
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