KulTOUR: Mit den Farben im Kopf nach Hause
Gerhard Müllers stimmungsvolle Aquarelle vom Seddiner See in der Kulturscheune Kähnsdorf
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KulTOURGerhard Müllers stimmungsvolle Aquarelle vom Seddiner See in der Kulturscheune Kähnsdorf Von Gerold Paul Seddiner See - Der See müsse stille sein, das Wasser liegen wie Blei, dann sei die beste Zeit zum Aquarellieren, so hörte man eine Besucherin der neuen Ausstellung in der „Kulturscheune“ raten. Wer seine Werke in Kähnsdorf präsentieren will, muss in die Warteschleife, denn die inzwischen fertiggestellte Anlage direkt am See ist unter den bildenden Künstlern eine begehrte Adresse. Zwei Jahre dauerte es, bis der Leipziger Maler Gerhard Müller seine aquarellierten Veduten „Rund um den Seddiner See“ im ältesten Haus dieses Fleckens vorstellen konnte; aber Geduld braucht diese besonders anspruchsvolle Form der Malerei ja ohnehin. Jeder Pinselzug muss stimmen, da kann man nichts nachbessern, so ist jedes Bild bedingungslos ein Original. Nun sind Ausstellungen nicht nur Begegnungen mit Kunst, sondern auch mit deren Schöpfern. Gerhard Müller, von Beruf Ingenieur bei der Braunkohle, hat sich ein Leben lang dieser hohen Schule des Aquarellierens verschrieben – und jenem Kleinod von See, an dem er seit 1961 regelmäßig seine Sommerzeit verbringt. Wenn einer diese stillen Wasser kennt, dann er, wenn einer weiß, wie die Wege und Steige dieser lieblichen Landschaft rund um Kähnsdorf in jeder Stimmung schön zu konterfeien sind, dann wiederum er. Der heute 80-Jährige hat seine Liebhaberei zum Lebenselixier und gleichzeitig zur Freude der anderen gemacht: Nicht wenige der etwa 20 ausgewählten Bilder, auf denen eine so unvergleichliche Ruhe liegt, sind bereits als verkauft markiert. Hiesigen Kunstfreunden ist der Wahl-Brandenburger aus Saxonia durch den Kalender „Märkische Landschaften“ sowie durch mehrere Ausstellungen längst bekannt. Seit dem 13. Lebensjahr an der Palette, ist Gerhard Müller ein typischer Autodidakt, das sind nicht selten die besten. Wie er zwischen 1965 und 2000 einige Zirkel an der Kunsthochschule Leipzig anleitete, so vervollkommnete er seine eigene Technik behufs eines dreijährigen Studienaufenthaltes bei italienischen Meistern. Lehren und lernen, sehen und malen, am Schluss nur noch eine Sache der Erfahrung und des Gefühls, wovon „Nahes Seeufer“ und die Miniatur „Kleine Havellandschaft“ besonders schöne Zeugnisse geben. Auf der Vernissage am Tag vor dem Sommeranfang hat er sich einer wieder großen Öffentlichkeit vorgestellt und seine Mal-Art erklärt: Er skizziert ganz leichter Hand nach der Natur, die er liebt, dann geht er mit den „Farben im Kopf nach Hause“, wo er die Bilder vollendet. Sein visuelles Gedächtnis verlässt ihn nicht. Ob er den „Feldweg mit Erntefeld“ malt, die friedvollen „Ufer am Seddiner See“ oder denselben „mit Blick auf Kähnsdorf“, darin das stehende Wasser die Konturen an Land noch einmal kunstgerecht spiegelt – die zwischen 2001 und 2004 entstandenen Bilder sind Darstellungen des Lichts (das um gar nichts schlechter ist als das der Provence) und zugleich feinste Empfindung aus seinem Inneren. Eines spiegelt das andere, eines spiegelt sich im anderen. Entsprechend kongruent die Rezeption: Was in heiterer Gelassenheit so freundlich nach außen strahlt, wird vom Betrachter genauso wieder nach innen genommen. Schönheit und Freude, Freude an solcher Schönheit - Gerhard Müllers märkische Veduten viel Anerkennung. Wo aber seine Landschaft an die Gebäude reicht („Seeufer an der Kulturscheune“), da hebt sich die Leichtigkeit auf, Gemäuer und Fachwerk wirken durch ihre Gravitation. Diese Ausstellung ist wohl ein Schnäppchen: Thematisch eng begrenzt, macht sie das schlichte Herz weit. Geöffnet bis zum 25. Juli, Mi. u. Do., Sa u. So. jeweils 11 bis 16 Uhr
Gerold Paul
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