Von Tobias Reichelt: Mit Hertha ganz nach oben
Der Berliner Bundesligist trainiert 40 Kinder auf dem Fußballplatz des Werderaner FC
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Werder (Havel) - Dem kleinen Tim läuft der Schweiß. „Ich bin schon viel besser geworden“, sagt der Neunjährige und holt tief Luft. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. „Man lernt hier mit den harten Bällen zu schießen“, sagt er noch, bevor er davonhastet. Tim muss wieder ans Leder. Passen, Dribbeln, Drehung und Schuss. Der Ball sitzt, Tim jubelt. „Und jetzt schießen alle mit links“, ruft ein Jugendtrainer des Bundesligisten Hertha BSC über den Fußballplatz auf der Inselstadt von Werder – und Tim und seine Freunde rennen, was die kleinen Fußballtöppen hergeben.
Bereits im zweiten Jahr in Folge hat der Fußballbundesligist Hertha BSC den Sportplatz des Werderaner Fußballclub Viktoria für drei Tage übernommen. Bis Mittwochabend werden in der Partnerstadt des Hauptstadtvereins die Nachwuchskicker der Region in der Herthinho-Fußball-Ferienschule ausgebildet. Außer in Werder bietet Hertha nur in Oranienburg und Berlin eine Ferienschule an. Von morgens bis abends wird hier unter der Aufsicht von professionellen Trainern die Technik der Sechs- bis Zwölfjährigen verbessert und ihre Taktik geschult. Am Ende winken Medaillen, Auszeichnungen, ein Trainingsspiel mit dem Hertha-Maskottchen Herthinho und eine Eintrittskarte für das Olympiastadion. 125 Euro kostet die Teilnahme. 40 Kinder haben sich in Werder angemeldet, darunter drei Mädchen.
Die neunjährige Charlotte hat keine Probleme, sich zwischen den Jungs zurechtzufinden. „Ach, das geht schon“, sagt sie und winkt lässig ab. Charlotte hat Erfahrung. In sechs verschiedenen Fußballferienschulen war sie dabei. Fußball ist Charlottes Leidenschaft und Hertha einer ihrer Lieblingsmannschaften. Wenn sie groß ist, will sie aber für Turbine Potsdam spielen. Deren Starspielerin „Lira“ Bajramaj hat sie schon persönlich kennengelernt: „Ich hab sie an der Hand auf den Platz geführt“, berichtet Charlotte stolz.
Herthas Chef-Jugendtrainer Christian Freynick kennt die Wünsche: „Viele haben den Traum, große Stars zu werden“, sagt er. Die gerade zu Ende gegangene Fußball-Weltmeisterschaft habe den Drang verstärkt. Dabei seien es weniger die deutschen Schweinsteiger und Podolski, die den Nachwuchskickern in den Köpfen umherschwirrten, als vielmehr die ganz großen Namen wie Messi, Rooney, Ronaldo oder auch Diego Forlán. Den Uruguayer kennen viele vom WM-Spiel gegen Deutschland.
Eine Profi-Karriere zu starten sei jedoch „verdammt schwer“, sagt Trainer Freynick. Ein Trainingslager bei dem Bundesligisten biete nur eine kleine Chance, auf den Zug aufspringen zu können – auch nach dem Abstieg in die zweite Bundesliga biete Hertha aber eine gute Jugendarbeit. Unter dem neuen Trainer Markus Babbel wolle der Verein verstärkt auf den Nachwuchs setzen. „Der Spaß steht in der Ferienschule im Vordergrund“, sagt Freynick. Immer wieder gebe es Eltern, die ihre Kinder zu Hertha schickten und auf die Kleinen einen unheimlichen Druck ausübten. Darum gehe es aber nicht. „Wir wollen Inspirationen geben, Ideen vermitteln, Trainingsabläufe vermitteln“, sagt Freynick.
Viele der ganz Kleinen spielten zwar in einem Verein, aber nicht jeder unter einem professionellen Trainer. Freynick hofft, was er den Kindern hier beibringt, transportieren sie in den Verein.
So steht auch Papa Frank Franzke schon eine ganze Weile am Zaun des Sportplatzes und schaut seinem neunjährigen Sohn Marius beim Training zu. In Ferch trainiert Franzke die Nachwuchskicker. In Werder kommt er ins Staunen: „Hier läuft alles sehr professionell ab“, sagt Franzke. Er ist gespannt, was ihm sein Sohn beibringen wird.
Tim und Charlotte sind mittlerweile völlig außer Atem, als der Trainer zur Verschnaufpause ruft. „Oh, endlich“, rufen sie und traben erschöpft vom Platz. Schon am Nachmittag geht es weiter – dabei sieht das im Fernsehen bei den Profis immer viel leichter aus.
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