Potsdam-Mittelmark: Mit hohem Druck und Hitze
Heiner Vollstädt züchtet am Seddiner See Diamantkristalle – sein Unternehmen macht eine Million Euro Umsatz
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Seddiner See - Züchten ist seine Leidenschaft. Schweine waren bei Heiner Vollstädt schon angesagt, und sogar Pferde. Auf seinem Grundstück in der Gemeinde Seddiner See wachsen Dutzende verschiedene Tomatensorten. Sein Lebenselixier jedoch sind Steine, genauer gesagt: Diamanten. Vollstädt ist Gründer und Chef der Vollstädt-Diamant GmbH mit Sitz in Seddiner See. Derzeit entwickeln er und sein siebenköpfiges Forscherteam ein neues Verfahren zur Züchtung hochreiner Diamant-Monokristalle. Diese synthetischen Steinchen können unter anderem aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit in der Mikroelektronik oder der Halbleitertechnik eingesetzt werden.
„Wir sind die einzigen in Deutschland, die Diamanten züchten“, sagt Vollstädt mit Stolz. Die Mini-Kristalle wachsen in bis zu fünf Tagen in speziellen Druckkammern heran. In einem Gewerbegebiet in Seddin werden dazu in meterhohen Geräten 1500 Grad Celsius und 55 000 Atmosphären Druck erzeugt. „Weltweit machen das derzeit nur fünf bis sechs Firmen“, erzählt der Unternehmer und Wissenschaftler. Auf dem Gebiet aktiv sind neben ihm auch Amerikaner, Russen und Japaner.
Sein ganzes Leben lang schon beschäftigt sich Heiner Vollstädt mit Steinen. Als Kind sammelte er in seiner sächsischen Heimat besondere Exemplare in der Natur, als junger Mann studierte er Mineralogie – sehr zum Ärger seines Vaters. Schließlich sollte der Sohn genau wie Vater und Großvater Architekt werden. Doch Heiner interessierte sich eben für Steine.
Seit den 60er Jahren tüftelte Vollstädt in der DDR an der Synthese von Industriediamanten aus Graphit. Am Zentralinstitut für Physik der Erde auf dem Potsdamer Telegrafenberg widmete er sich der Hochdruckforschung. An einer Presse erzeugten er und sein Team bis zu 60 000 Atmosphären Druck, um die Herstellung industrieller Diamanten voranzutreiben. Die Forschung wurde erst in den 80er Jahren offiziell vom Staat genehmigt. Ende der 80er Jahre stand die Großproduktion von künstlichen Diamanten bevor. Doch dann kam die Wende – „ein halbes Jahr zu früh oder 20 Jahre zu spät“, wie Vollstädt zurückblickt. Andere Länder waren schon weiter, aus dem Projekt wurde nichts mehr.
Doch Vollstädt ließ nicht locker. Schließlich ist er aufgrund seiner Forschungen ein weltweit geachteter Experte. Im Jahr 1993 wagt der Wissenschaftler den Sprung in die Selbstständigkeit. Zunächst setzt er statt auf die Produktion von Diamanten auf die Prüfung und Behandlung der Steine. Sein Team entwickelt eine Vielzahl von Geräten, mit denen unter anderem Diamanten sortiert und auf ihre Festigkeit geprüft werden können. Zudem lässt Vollstädt Spezialwerkzeuge herstellen, darunter besonders solche zur Bearbeitung von Sondermetallen und Keramik.
Seine Kunden findet Vollstädt weltweit. Sehr vielfältig sind seine Aktivitäten auf dem chinesischen Markt. China ist der weltweit größte Produzent von Industriediamanten. Vollstädt hat dort seine Technik zur Qualitätsprüfung eingeführt. Ein Großunternehmen in Korea erwarb in diesem Jahr zehn Diamant-Sortieranlagen bei Vollstädt. Eine kostet rund 10 000 Euro.
Mittlerweile bringt es die Firma auf einen Jahresumsatz von rund einer Million Euro. Für die Forschungsvorhaben erhält Heiner Vollstädt zum Teil Fördermittel von Land und Bund. So auch für sein neuestes Projekt: Die Züchtung von künstlichen Diamanten wird vom Bundeswirtschaftsministerium aus dem Programm zur Erhöhung der Innovationskompetenz mittelständischer Unternehmen unterstützt.
Für seine „hoch motivierten Mitarbeiter“ hat Vollstädt ein idyllisches Umfeld geschaffen. Inmitten eines Wäldchens am Seddiner See sitzen sie in ausgebauten Bungalows. Eine familiäre und natürliche Atmosphäre herrscht dort. Es handelt sich um ein ehemaliges Ferienobjekt.
Im Garten wachsen die Tomaten. Auf dem Weg vom Büro ins Labor pflückt sich Heiner Vollstädt eine Kostprobe vom Strauch. Mit seinen Innovationen will der 69-Jährige noch weitermachen, solange es geht. Schließlich kommen ihm ständig neue Ideen. Vielleicht geht es bei Vollstädt auch bald in Richtung Schmuck. Mit der Zucht der dazu benötigten speziellen Diamanten experimentiert er bereits.
Susann Fischer
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