KulTOUR: Mit Karl Valentin in die Zukunft
„Woesner Brothers“ im Michendorfer Gemeindezentrum Apfelbaum
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Michendorf - Bertolt Brecht sagte einst von Karl Valentin, dieser Mann mache keine Witze, er sei selber einer, und das ist wahr. Zusammen mit seiner Spielpartnerin Liesl Karlstadt brachte seine komisch-bajuwarische Ur-Erscheinung ganze Brettl-Generationen zum Lachen. Wortwitz, Zungenverdreher, Infragestellen der selbstverständlichsten Dinge war das Rezept dieses spindeldürren Mannes, der selbst vielleicht nie lachte.
Viele haben ihn nachzuahmen versucht, geglückt ist es keinem. Die Woesner Brothers, schauspielbegabte Zwillinge und an der Berliner Nachwuchsschmiede „Ernst Busch“ auch ausgebildete Darsteller, haben sich ihren eigenen Reim auf den Münchener gemacht. Was dabei herauskam, war am Sonnabendnachmittag im Michendorfer Gemeindezentrum „Zum Apfelbaum“ zu sehen, gleichsam als Fortsetzung der im Vorjahr gestarteten Kultur-Offensive in der Regie des neuen Pächters und Veranstalters Jörg Schultz.
Mehr Kultur für den inzwischen „umfahrenen“ Ort, nicht schlecht, aber was ist nun Valentinscher Humor? Er ist eben keiner. Man strengt sich an, um etwas richtig zu tun, doch man macht alles falsch – die anderen lachen, indes der Willige immer der Dumme ist. So hat man es erlebt, als ein Mann in der Apotheke vergaß, was er dem quäkenden Säugling daheim mitbringen wollte, genauso beim Hutkauf, in der phonetischen Zungenübung um all die Meiers, Mayrs und Maiers, in den anderen Sketchen, aufgezeichnet auf Papier, gebannt auf Schellack.
Die Berliner nahmen davon gar nicht viel, kaum eine Hand voll Valentin kam im großen Bühnensaal auf die 25 Besucher, ebenerdig vor einer Abdeckung gespielt. Handwerklich war das Dargestellte wirklich sehenswert, große Gesten, präzise Mimik, aber die Kostümierung des einen erinnerte nicht zufällig in den US-Komiker Stan Laurel mit seinem stets ernsten Gesicht, dem Seufzer beim Heben der Schultern, den aufgezogenen Augenbrauen. Sein Bruder war in der Szene verwandlungsfähiger, gleichwohl man auch hier wieder Anleihen fand, an Hans-Joachim Preil zum Exempel.
Inwieweit nun diese ästhetische Substitution ein Gewinn war, bleibe dahingestellt, wichtiger ist, dass man sich irgendwo zwischen „klassischem Humor“ und dem bewegte, was heute so bequem „Comedy“ heißt. Also mehr Situationskomik und Kalauerei als der Kampf einer Figur gegen sich selbst. Umrahmt wurde das Programm von einem Entree, worin sich das Paar als Langschläfer zeigte, unterstützt von einem Berliner „Schieber“ zur Drehorgel aus dem Off; einer nur für das gesamte Programm. Gelegentlich spielte man mehr mit sich selbst als für das Publikum, aber das tat der allgemeinen Humorigkeit den wenigsten Abbruch.
Ein Wort zum Saal. Wenn zum 1. April ein Quartett der Komischen Oper Berlin im Auftrag von Jörg Schultz mit Mozarts Serenaden ante portas steht, sollten (egal ob ebenerdig oder auf der Hochbühne) ein paar Dinge bedacht worden sein: Einsatz der Scheinwerfer, einheitlicher Sitzblock ohne die langen Tische am Rand, damit das Publikum enger zusammenrückt, vielleicht kann man sogar eine Abdunkelung besorgen, damit sich die Atmosphäre im Raum verbessert. Nicht viel, nicht teuer, aber nützlich, wenn man Erfolg haben will, im stiller gewordenen Ort, für die erhofften Gäste vom Umland. Ganz passabel indes die Gastronomie mit ihren moderaten Preisen.
Wie immer auch, über den Frühling im „neuen Kulturleben“ kann sich der Veranstalter freuen, Michendorf nebst „Umland“ sollte es auch.
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