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Potsdam-Mittelmark: Mit Knorr zum Bürgerhaushalt

Teltower Rathaus versendet Zahlensuppe an Haushalte. Kommunalrechtler skeptisch über Sponsoring

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Teltow - Beutelinhalt mit einem Kochlöffel in 750 Milliliter kochendes Wasser einrühren. Bei schwacher Hitze zehn Minuten kochen lassen. Ab und zu umrühren. Fertig ist der Bürgerhaushalt. Jedenfalls in Teltow. Dort hatte das Rathaus eine Idee, frei von Farbstoffen, Konservierungsstoffen und geschmacksverstärkenden Zusätzen: Mit einem Mailing, mit dem die Teltower Haushalte um Vorschläge zum Bürgerhaushalt gebeten werden, wird ein Tütchen Zahlensuppe von Knorr verschickt. Mit „unzähligen“ Nudeln. Denn was ist der kommunale Haushalt denn anderes?

Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) hatte beobachtet, wie schwierig der Bürgerhaushalt in Potsdam vor sechs Jahren angelaufen war. Anfangs wollte keiner so richtig mitmachen in der Landeshauptstadt. „Wir suchten deshalb nach einer Idee, die hohe Aufmerksamkeit garantiert.“ Der Bürgerhaushalt, den Teltow für den Doppelhaushalt 2015/2016 erstmals aufstellt, biete den Einwohnern Gelegenheit, „der Lebensqualität Teltows die richtige Würze zu verleihen“.

So kam man ohne Umwege auf Knorr. Dort zeigte man sich offen für die Bitte des Teltower Stadtmarketings, für das Mailing 15 000 Tüten mit „Knorr Suppenliebe Zahlensuppe“ bereitzustellen. „Wir erhalten nahezu täglich Sponsoringanfragen“, so Felix Landmesser, Sprecher der Unilever-Holding in Hamburg, zu der Knorr gehört, gegenüber den PNN. „In diesem Fall hat uns die Anfrage spontan ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.“

Die Zahlensuppe sei ein absoluter Klassiker des Sortiments und erfreue sich besonders bei Kindern großer Beliebtheit. Eine Kommune als Sponsoringpartner? Egal wer, so Landmesser, die Kooperationen sollten zu Knorr als Marke und den Produkten passen. Als Beispiel nannte er das Neujahrsbaden in Büsum in der drei Grad kalten Nordsee, wo die Teilnehmer mit dampfenden Knorr-Suppen belohnt werden. Mit Kommunen habe man bislang zwar kaum kooperiert, doch dem Teltower Angebot konnte Unilever nicht widerstehen. „Hier merkt man, dass sich jemand Gedanken gemacht hat.“

Die Leiterin des Stadtmarketings, Andrea Neumann, ist dem Knorr-Suppenjargon schon völlig verfallen: „Die Knorr-Zahlensuppe ist perfekt abgeschmeckt, Den Teltower Haushaltszahlen hingegen fehlt noch die Würze der Bürger“, schrieb sie gestern in einer Pressemitteilung zu dem Thema. „Denn alle Zahlen, die sich für die Jahre 2015/2016 im städtischen Haushaltstopf befinden, werden auf viele Teller verteilt. Doch ist alles nach dem Geschmack der Teltower?“

Auf der städtischen Homepage, wo die Bürger ihre Vorschläge eintragen können, geht es so weiter. Von „Rezeptvorschlägen“ und „Lieblingszutaten“ ist dort die Rede. Auch die Potsdamer Yumme-Stiftung für Ernährung, Bildung und Gesundheit, die sich die Ernährungsbildung auf die Fahnen geschrieben hat, unterstützt die Aktion. Über das Sinnbild „Kochen“ wolle man das mitunter sperrige und komplexe Thema Haushalt verständlicher und lockerer rüberbringen, so Neumann auf Anfrage.

Dass Knorr dafür Tütensuppen mit Hartweizennudeln im Wert von 10 000 Euro beigetragen habe, freue sie sehr. Mit Hinweisflyern, die von den Teltower Diakonischen Werkstätten mit einem speziellen Kleber an die Tüten gepappt wurden, werden die Zahlensuppen in den nächsten Tagen an alle erreichbaren Haushalte Teltows verteilt. Neumann: „Wir erhoffen uns dadurch, dass möglichst viele Bürger auf das Projekt aufmerksam werden und sich dann natürlich auch beteiligen.“

Doch wie viel Kreativität ist einem Rathaus erlaubt? Darf eine Kommune mit einem Werbepartner aus der Wirtschaft ein Anliegen verkaufen, der Werbepartner aus einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit Kapital schlagen? Der Sprecher des Landratsamtes, Kai-Uwe Schwinzert, zeigte sich gestern skeptisch. „Eine Behörde ist an sich zur Neutralität verpflichtet.“ Von der Kommunalaufsicht war am Freitag noch kein Statement erhältlich.

Thorsten Ingo Schmidt, Professor für Kommunalrecht an der Universität Potsdam, glaubt zumindest, dass es in diesem Fall kritisch für die Stadtverwaltung Teltow werden könnte: „Bisher sind diese Sponsoringfragen nicht genau geklärt. Bei zentralen kommunalen Aufgaben wie der Erarbeitung eines Haushaltes halte ich diesen Vorgang aber nicht für rechtens.“

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