Potsdam-Mittelmark: Mit Leisten, Leder und Lust am Beruf
Seit 50 Jahren ist Hans Walther Schuhmachermeister, doch Ruhestand ist noch kein Thema
Stand:
Michendorf - 50 Jahre Schuhmachermeister und immer noch aktiv im Berufsleben – das ist selten. Jüngst kamen zahlreiche Freunde, langjährige Kunden und Kollegen, um „ihrem Hänschen“ in Michendorf zu gratulieren. Von „Hänschen“ kann eigentlich keine Rede mehr sein, denn seit einigen Jahrzehnten sitzt in der Potsdamer Straße 86 ein Schwergewicht auf seinem Schemel vor dem altgedienten Arbeitstisch.
So kennen die Leute aus Michendorf und Umgebung Hans Walther, wenn sie mitunter schon morgens um 7 Uhr mit ihrem Schuhwerk und den „kleinen Wünschen“ kommen. „Manchmal sind die Mängel größer als gedacht, doch der Meister wird“s schon richten, wissen sie“, erzählt Hans Walther. Die kleinen Nägel werden dabei heutzutage nur noch sehr selten gebraucht. Dafür beherrscht der Kleber das Geschehen.
„Hänschen vom Meister Wellmitz“, so nannten die Michendorfer einst den Gesellen, der bei Meister Minckert in Wilhelmshorst von 1949 bis 1952 das Abc des Schuhmacherhandwerks erlernte. Bei Wellmitz in Michendorf bereitete er sich auf die Meisterprüfung vor. Am 16. August 1957 bestand er sie. Damals überlegte der junge Schuhmachermeister lange, ob er sich selbstständig machen sollte. „Das war eine schwierige Frage“, berichtet er, denn Selbstständige habe der Staat nicht so gern gehabt. „Aber die damaligen Herrscher wussten, dass ein kleiner Schuhmachermeister mit seiner Hände Arbeit nicht zu großen Reichtümern kommen würde“, erinnert sich der Jubilar. So habe es keine größeren behördlichen Schwierigkeiten vor der Eröffnung des Einmannbetriebes am 1. Juli 1960 gegeben.
Recht und schlecht hielt sich Hans Walther in all den Jahren mit seiner Schuhmacherei überWasser. Mal gab es etwas mehr zu tun, weil die neuen Schuhe teurer wurden. Dann kam mal wieder eine Flaute. Walther beabsichtigte schon, seine Werkstatt aufzugeben und ins Automobilwerk Ludwigsfelde zu gehen, um dort am Fließband zu arbeiten. „Aber ich achte meinen Beruf, stehe zu ihm, bleibe bei Leisten, Leder und Lust an der Sache“, erklärt er.
So ist er mit nun fast 72 Jahren weit und breit als hilfreicher Schuhreparateur mit althergebrachter Technik bekannt. Schiefgelatschte Absätze werden erneuert, Sohlen neu aufgeklebt oder Nähte neu gesteppt. Bei manchem neuen Schuhwerk muss das Oberleder ein wenig ausgehöhlt werden, damit die Zehen Platz haben. Bei anderen wieder ist der Hacken „weich zu machen“. Es gibt vieles an Schuhen, Stiefeln und Sandalen zu machen, obwohl der Griff für so manchen in das prall gefüllte Regal im Geschäft leichter wäre. Doch wer gibt schon gern mehr Geld aus, als notwendig. Das gilt auch heute noch.
Auch am Geschehen in seiner Heimatregion ist Hans Walther immer interessiert. Mit Gleichgesinnten rief er 1972 die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz ins Leben. Von 1961 bis 1987 war er Gemeindevertreter für die LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands) und von 1993 bis 2000 für die FDP. Wolfgang Post
Wolfgang Post
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: