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Von Kirsten Graulich: Mit Pilgerstab und Wasserflasche

Treffpunkt Saarmund: Rund 40 Pilger waren bei der Eröffnung des Jakobsweges Berlin-Leipzig dabei

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Nuthetal / Beelitz – Der Anfang ist entscheidend. Das gab Professor Wolf Eckart Failing rund 40 Pilgern mit auf den Weg, die sich am Samstag nach dem Gottesdienst vor der Saarmunder Dorfkirche getroffen hatten: Der Jakobsweg zwischen Berlin und Leipzig wurde durch eine öffentliche Tageswanderung von Saarmund nach Beelitz symbolisch wiedereröffnet. Entscheidend sei nicht, so der Professor, „ob Sie in Beelitz ankommen, entscheidend ist, dass Sie losgehen!“. Failing ist einer der Koordinatoren des Projektes „Jakobswege östlich und westlich der Oder“, das die Universität Viadrina Frankfurt (Oder) ins Leben gerufen hat.

Recherchen belegen, dass das Wegesystem zum Grab des Apostels Jakobus über ganz Europa verlief, jetzt wird es auch im Märkischen reaktiviert. Vor dem Start gab’s noch eine Lektion zum Pilgerstab, neben Rucksack und Muschel eines der wichtigsten Utensilien, mit denen sich Gläubige im Mittelalter nach Santiago de Compostela begaben. Am Samstag war vor allem die Wasserflasche unverzichtbar. Mehrere Kästen Mineralwasser hatte die Saarmunder Pfarrerin Almut Gaed im Pfarrhaus aufgestapelt, in dem sich die Teilnehmer ihren Pilgerpass abstempeln ließen. Anschließend ging es durch die Beelitzer Straße, vorbei an blühenden Vorgärten und neugierigen Blicken. Endlich führte der Weg in den kühlen Waldschatten. Doch der Anstieg in die Saarmunder Berge zeigte, dass die 18 Kilometer lange Strecke kein Spaziergang wird.

Sogar zwei Kinderwagen wurden mitgenommen: Als Sandwege das Schieben erschwerten, griffen hilfsbereite Hände zu – gelebte Nächstenliebe. Auch Pfarrerin Gaed kutschierte die kleine Tochter im Kinderwagen. Der ist luftbereift und optimal, erklärte sie – ihre Spaziergänge würden sie oft am Saarmunder Flugplatz vorbei durch die Heide führen, die in jeder Jahreszeit ihr besonderes Farbenspiel entfalte. Die blauen Steine mit der goldenen Muschel, die sie schon vor zwei Jahren als Wegemarkierung angelegt hatte, seien längst zugewachsen, berichtete sie. Andere Schilder seien zu teuer, auch weil die Bürokratie ständig neue Hürden aufstelle. Da steht noch Missionsarbeit bevor.

Zumindest um Pilger muss nicht mehr geworben werden. Und nachdem die Teilnehmer am Samstag über den Alten Postweg, Seddiner See, Kähnsdorf und Schlunkendorf nach Beelitz kamen, erhielten sie auch dort einen Stempel. Vor zwei Jahren hätten sie noch vergeblich an der Beelitzer Pfarrpforte angeklopft, erzählte ein Teilnehmer. Nun hat die Stadt das touristische Potenzial erkannt und heißt die Pilger willkommen, auch den 72-jährigen Spandauer Wandersmann, der wöchentlich 90 Kilometer auf seinen gepolsterten Profi-Schuhen bewältigt. Oder die 60-jährige Dame aus Nuthetal, die bekannte: „Ich laufe für mein Leben gern und kann dabei Stress abbauen.“ Pilgern bedeute für sie Entschleunigung. Die Befreiung von Sünden und die Rettung vor’m Fegefeuer erscheint da fast nebensächlich.

Für die Hardliner geht es spätestens am Mittwoch weiter: Dann wird der Abschnitt von Frankfurt (Oder) nach Leipzig durch einen Exkursion der Universität zur Burg Beeskow reaktiviert.

Kirsten Graulich

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