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KulTOUR: Mozart „geht“ nicht

Die „Caputher Musiken“ mit dem Hang zur modernen Musikpflege und dem „Duo Melange“ zu Gast

Stand:

Schwielowsee - Während die „Vocalise“ im fernen Potsdam alte Musik auf alte Weise pflegte, kündigten die „Caputher Musiken“ mit dem „Duo Melange“ am Sonnabend eher Gegenwärtiges an. Hoch ist also einmal mehr zu loben, mit wie viel Mut und welcher Freude sich dieser Veranstalter jungen Interpreten und modernen Lesarten zuwendet, selbst wenn die Noten „steinalt“ sind.

So war es im Mai, als die Jugend hier musizierte, als im Oktober Tango und Jazz per „vibratanghissimo“ aufeinandertrafen. Den Caputhern geht es offensichtlich mehr um „moderne Musikpflege“ als um kulinarische Bedien-Einheiten für ein bildungshungriges Publikum; dass sich da nicht jeder Part von selbst versteht, versteht sich von selbst. Leonard Bernsteins Suite aus der „West Side Story“ lässt zum Beispiel eine Transskription für Flöte, Vibraphon und Schlagwerk durchaus zu, wenn alles nur frisch und eigen gespielt wird. Mozarts Klaviersonate in Es-Dur KV 282 dagegen verbittet sich solch einen Eingriff ziemlich energisch, selbst wenn man es genauso darstellte.

So gehört, so erlebt also beim Konzert des Leipziger „Duos Melange“ im Festsaal des Schlosses Caputh mit Almut Unger und Thomas Laukel am Sonnabend. Ihr aktuelles Programm „Alte Welt – Neue Welt“ dupliziert den Ensemble-Namen noch einmal: Beides verweist einerseits auf die Herkunft ihrer Instrumente (Flöten/Marimba und Vibraphon), andererseits auf musikalisch-ästhetische Konsequenzen, die sich aus dieser Besetzung ergeben. Man stellte ja durchweg Bearbeitungen cis- oder transatlantischer Kompositionen vor. Zuerst Celso Machados „Pé de moleq“, ein kurzes Stück für den südamerikanischen Tanzboden, sehr modern komponiert, nur etwas zu temperamentvoll für einen barocken Festsaal in Europa wiedergegeben.

Auch Benjamin Ulrich ist ein Komponist der Gegenwart, allerdings ein Berliner. Sein Stück „A Night in Argentina“ für Flöten und Percussion variiert einen Tango in alle erdenkliche Richtungen, mal in den Tempi, dann wieder in den Besetzungen, Piccoloflöte statt Travers, Marimba statt Percussion. Viel Feuer dabei, eine runde Sache, wunderbar. Bei der Suite aus der „West Side Story“ war das Maß des Machbaren dann erreicht, mehr Bearbeitung wäre weniger Bernstein gewesen, im Sentiment war es allerdings umgekehrt. Mozart zeigte die Grenzüberschreitung an, und dass sich Instrumente von Charakter nicht immer austauschen lassen, manchmal wehren sie sich. Trotzdem bleibt rätselhaft, warum bei Edvard Grieg funktionieren soll, was gerade KV 282 dem Abend verweigerte.

Seine „Lyrischen Stücke“ aus Opus 12, 57 und weiteren waren doch auch für eine Klavierstimme geschrieben und gleichfalls per Querflöte vorgetragen. Der Norweger überzeugte sofort vom ersten bis zum letzten Stück. Herrliche Miniaturen: Wächterlied und Elfentanz, Heimweh, Walzer, Zug der Zwerge! Da stimmte alles, auch die sanfte Instrumentalbegleitung von Thomas Laukel. Na ja, Mozart ist eben Mozart, da kann man nichts machen. Dankbarer Schlussapplaus für diesen hochinteressanten Abend.

Die Zugabe freilich hätte wohl an den Anfang gehört, denn Publikums Mitarbeit zu Flöte und Sitztrommel brachte sofort jene Laune herbei, um die man so lange hat ringen müssen. Letztlich ist dem Ensemble mehr Mut zur Eigenständigkeit zu wünschen, damit seine Adaptionen noch mehr Charakter bekommen, mehr Frische, mehr Farbe - mehr Gegenwart eben.

Gerold Paul

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