Potsdam-Mittelmark: Mühle auf Wanderschaft
Beelitzer Verein baut Wahrzeichen ab und in 100 Meter Entfernung originalgetreu wieder auf
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Beelitzer Verein baut Wahrzeichen ab und in 100 Meter Entfernung originalgetreu wieder auf Beelitz – Die Beelitzer Bockwindmühle an der Kreuzung der Bundesstraßen 2 und 246 wird etwa 100 Meter wandern. Am neuen Standort soll sie zu Pfingsten wieder klappern, hofft der Förderverein Beelitzer Bockwindmühle e.V., der sich seit 2003 für den Erhalt des technischen Denkmals engagiert. Ohne den Verein wäre die 1792 errichtete Mühle vielleicht längst abgerissen worden oder versteigert. Denn der Besitzer des Grundstückes hat kein Interesse an der Mühle und will das Land anderweitig nutzen. Nun hat die Stadt die Mühle und ein Stück angrenzendes Land gekauft, auf dem das Denkmal wieder aufgebaut werden soll. Für die Restaurierung der Mühle sind 300000 Euro Fördermittel in Aussicht gestellt worden. Ein großer Teil des Wiederaufbaues wird durch Eigenleistung erbracht, ebenso werden ABM-Kräfte beteiligt sein. Zuvor hatte der Verein ein Konzept zur Zukunft der Bockwindmühle erarbeitet, damit sie nicht nur klappert, sondern auch wieder richtig Korn mahlen kann. Das Mehl will der Verein Beelitzer Bäckereien anbieten. Gleich neben der Mühle wird ein Obst- und Spargelhof eröffnen und für Touristen ein Spargellehr- und Wanderweg eingerichtet. Gedacht wurde auch an einen Museumbereich, der über fünf Mühlen informiert, die einst in Beelitz standen. Natürlich können Besucher die Mühle später auch besichtigen, immerhin werden im Inneren wichtige Etappen der Technik sichtbar, denn Bockwindmühlen standen einst Pate für viele andere Neuerungen. Von der Beelitzer Mühle, die noch bis 1965 betrieben wurde sind die Walzenstühle erhalten, eine Quetsche, Plansichter, Kammrad, Motorenmühle und natürlich der Hausbaum. Letzterer ist aus Eiche und gut erhalten. Beim Hoffest am Samstag strich mancher Besucher bewundernd mit der flachen Hand über das feste Holz, das vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammt. Über 100 Gäste, vorwiegend ältere Beelitzer, waren gekommen, um mit dem Verein den alten Standort der Bockwindmühle nach 217 Jahren zu verabschieden. Die Mühle gehört für Beelitzer zur Landschaft, auch wenn vor etwa 100 Jahren die Flügel abgebaut wurden, weil der Müller auf Elektromahlwerk umstellte. Wolfgang Trebuth, stellvertretender Vereinschef, fuhr als Kind oft mit dem Fahrrad vorbei. Nun will er gemeinsam mit rund 30 Vereinsmitgliedern dafür sorgen, dass die letzte Bockwindmühle aus der Beelitzer Region nicht verschwindet. „Wir mussten etwas tun, das ist unsere Pflicht“, meint er „Uns kann doch nichts besseres passieren als mit dieser Mühle landwirtschaftliche Produkte zu vermarkten.“ Deshalb legte der Verein im Juli selbst Hand an. Die äußere Hülle der Mühle wurde bereits entfernt, und Balkengerüst und Mahlböden sind nun von draußen sichtbar. Auch die Müllerstube und zwei Maschinen konnten Besucher besichtigen, einige Maschinen wurden bereits abgebaut und eingelagert. Ringsum eingerüstet und mit bunten Wimpelketten geschmückt, mutete das Denkmal an wie kurz vor der Jungfernfahrt eines Schiffes. Einer der Unterstützer des Vereins ist Projektant Erhard Jan, Bauingenieur für historische Bausubstanz und Mühlenspezialist. „Rund 80 Prozent des Konstruktionsholzes muss ausgewechselt werden“, diagnostizierte er. Dann kann der Wind die Flügel wieder antreiben und diese über das Kammrad das Stockgetriebe in Gang setzen. Aus Lärchenholz sollen die Flügel gefertigt werden und für den Innenbereich ist Weißbuche vorgesehen, ebenso Kiefernholz. Insgesamt werden 30 Kubikmeter Holz gebraucht, hat Jan ausgerechnet. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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