Von Hagen Ludwig: Nachtruhe bleibt strittig
Bürgerforum zum BBI in Michendorf: Gemeinden fordern vergeblich eine Flugpause von 22 bis 6 Uhr
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Potsdam-Mittelmark – In der Diskussion um ein Nachtflugverbot am künftigen Großflughafen BBI gibt es keine Annäherung zwischen den Potsdamer Umlandkommunen und der brandenburgischen Landesregierung. Das ist das nüchterne Fazit eine Bürgerforums, zu dem die CDU-Ortsverbände Michendorf, Nuthetal und Schwielowsee am Donnerstagabend eingeladen hatten. 170 Gäste waren in das Michendorfer Gemeindezentrum gekommen, um Antwort auf offene Fragen zur Flugroutenplanung zu erhalten und ihre Erwartungen zu artikulieren. Im Podium demonstrierten die drei Bürgermeisterinnen Cornelia Jung (parteilos), Ute Hustig (Linke) und Kerstin Hoppe (CDU) den Schulterschluss.
Gemeinsam stellten sie ein Positionspapier vor, in dem ein strenges Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zur „zentralen Forderung“ ihrer Gemeinden erhoben wird. „Letztlich werden alle Flugrouten über unsere Gemeinden führen“, argumentierte Bürgermeisterin Hustig aus Nuthetal. Zudem könnten die Routen jederzeit geändert werden – am Flughafen München sei das allein in den vergangenen beiden Jahren sechs Mal geschehen. Von einem „echten Nachtflugverbot“ würden die Einwohner aller drei Gemeinden jedoch mit Sicherheit profitieren, erklärte Hustig unter Beifall aus dem Saal.
Bisher soll ein Nachtflugverbot nur von 0 bis 5 Uhr gelten, und daran wolle die Landesregierung auch nicht rütteln, dämpfte Verkehrsstaatssekretär Rainer Bretschneider (SPD) die Erwartungen. Weitere Einschränkungen dürfe es für einen Hauptstadtflughafen nicht geben, erklärte er. Wenig Verständnis gab es im Saal für seine Argumentation, Manager und Wirtschaftsvertreter müssten an einem Tag zwischen europäischen Metropolen hin- und zurückfliegen können – auch in der Nacht. Dass es dafür eine echte Nachfrage gebe, bezweifelte unter anderem der Sprecher der Initiative „Fluglärmfreie Havelseen“, Peter Kreilinger. Heute könnten die Maschinen am Flughafen Schönefeld noch rund um die Uhr starten und landen – nächtliche Verbindungen zu wichtigen europäischen Metropolen seien in den Flugplänen jedoch nicht zu finden.
Auch Potsdams Ex-SPD-Bürgermeister Horst Gramlich meldete sich als Caputher Einwohner mit harscher Kritik zu Wort. „Die Bürger wollen kooperieren, um den Flughafen verträglicher zu machen. Doch das findet keinen Widerhall in der Landesregierung.“ Das sei unerhört, schimpfte Gramlich. Deutlich wurde, dass die Einwohner negative Auswirkungen auf den Tourismusstandort und verminderte Steuereinnahmen durch den Wegzug einkommensstarker Familien fürchten.
Unterstützung in puncto Nachtflüge bekam Bretschneider im Podium einzig von CDU-Landeschefin Saskia Ludwig, die das Forum moderierte. Auch sie sei gegen ein erweitertes Nachtflugverbot, weil von der Attraktivität des neuen Flughafens unter anderem 40 000 Arbeitsplätze und wichtige Impulse für die Wirtschaft abhingen. Vielmehr komme es darauf daran, die Flugrouten möglichst über dünn besiedeltes Gebiet zu lenken. „Die Bürgerinitiativen haben schon viel erreicht. Ohne den lauten Protest hätte sich garnichts bewegt“, sagte sie mit Blick auf die aktuelle Diskussion in der Fluglärmkommission. Dort wird die Deutsche Flugsicherung am kommenden Montag wahrscheinlich auch zum Vorschlag der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ Stellung nehmen. Vize-Landrat Christian Stein (CDU) hatte ihn als offiziellen Antrag des Kreises Potsdam-Mittelmark eingebracht. Darin wird eine Führung der An- und Abflugrouten ausschließlich außerhalb des Berliner Autobahnrings für den Bereich westlich von Ludwigsfelde vorgeschlagen.
Stein erinnerte im Michendorfer Forum an einen einstimmigen Beschluss des Kreistages. Darin wird deutliche Kritik an den aktuellen Flugrouten-Vorschlägen der Deutschen Flugsicherung geübt. Wie berichtet, könnten die geplanten abknickenden Flugrouten starke Lärmbelastungen für die dicht besiedelte Südwestflanke Berlins bringen – in der dem BBI-Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Grobplanung war davon nicht die Rede. Jetzt gelte es, die Diskussion wieder auf Null zu stellen und sämtliche Varianten in der neu zusammengesetzten Fluglärmkommission zu prüfen, so Stein.
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