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Potsdam-Mittelmark: Nahverkehrsstreit eskaliert
Der mittelmärkische Landrat fühlt sich von der Landeshauptstadt nicht ernst genommen
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Potsdam-Mittelmark / Potsdam - Erheblich getrübt ist derzeit das Verhältnis zwischen der Landeshauptstadt und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark. „Die Stadt Potsdam muss sich entscheiden, ob sie uns nur als ländlich sittlichen Nachbarn oder als ernst zu nehmenden Verhandlungspartner begreift“, ließ Landrat Wolfgang Blasig (SPD) gestern auf seiner monatlichen Pressekonferenz dem Ärger freien Lauf. Unterschwellig brodele es schon seit Tagen, sagte Blasig. Bereits auf dem Kreistag am vergangenen Donnerstag hatte er den Auslöser für die grundsätzliche Verstimmung angedeutet. Es gibt Streit um das neue Verkehrskonzept „Mobil+“ des Potsdamer Verkehrsbetriebes ViP. „Mit uns wurde nichts abgestimmt“, erklärte Blasig. Sein Hauptkritikpunkt ist, dass der ViP auf wichtigen Strecken innerhalb Potsdams ab 1. April erstmals Parallelverkehr zur Havelbus Verkehrsgesellschaft (HVG) plane.
Gesellschafter der HVG sind die Landkreise Potsdam-Mittelmark und Havelland. Betroffen sind laut HVG-Sprecherin Ulrike Rehberg vor allem zwei Hauptstrecken. Seit Jahren führe die Havelbuslinie 601 aus Teltow über die Großbeerenstraße zum Hauptbahnhof. Jetzt wolle die ViP dort fast zeitgleich den 690er Bus fahren lassen. Ähnlich sei die Situation auf der Potsdamer Zeppelinstraße. Dort soll laut HVG künftig die Straßenbahn nahezu zeitgleich mit dem Havelbus 631 aus Werder (Havel) fahren. „Anscheinend geht es Potsdam nur darum, uns Fahrgäste und Einnahmen auf diesen attraktiven Linien abspenstig zu machen“, erklärte Blasig.
Zweiter Kritikpunkt von Blasig ist, dass Havelbus bis heute auf eine Auftragsüberschreibung aus der Stadt Potsdam für das Jahr 2010 warte. Diese sei notwendig für den Linienverkehr, den Havelbus in Potsdam bestreitet. Fest steht für Blasig: „Wir werden unsere Fahrgäste auf keinen Fall an der Stadtgrenze absetzen oder komplizierte Umwege durch Potsdam fahren.“ Bei der Suche nach einem Interessenausgleich sollte man sich zumindest auf einer Augenhöhe bewegen, erklärte der Landrat. Das Verhalten der Landeshauptstadt scheine derzeit allerdings mehr von Autismus geprägt, so Blasig.
ViP-Geschäftsführer Martin Weis zeigte sich gestern „sehr erstaunt“ über die Vorwürfe. „Mich wundert schon, dass der Landkreis den Nahverkehr in Potsdam neu strukturieren möchte. Vielleicht sollen wir noch unsere Straßenbahn abreißen“, sagte er gestern den PNN. Dennoch bleibe man im Kontakt mit dem zuständigen Fachdienst des Landratsamtes – am 16. März gebe es ein Gespräch. Für die von Blasig geforderte Auftragsüberschreibung sei den beiden Landkreisen bereits vor einer Woche ein Angebot zugesandt worden.
Eigentlich sollten in den kommenden Monaten die Signale für eine engere Zusammenarbeit von ViP, HVG sowie den Belziger und Brandenburger Verkehrsbetrieben gestellt werden. Blasig plädierte gestern noch einmal für den Fortbestand der einzelnen „Fahrgesellschaften“ unter dem neuen Dach einer gemeinsamen Managementgesellschaft. Dafür wäre jedoch Vertrauen zwischen den Partnern notwendig, erklärte der Landrat. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei eigentlich schon die Übergabe von sechs lange umstrittenen Buslinien in die neuen Potsdamer Ortsteile an den ViP zum 1. April gewesen. Wie berichtet, lagen die Konzessionen dafür bisher bei der mittelmärkischen Havelbus-Gesellschaft. Die ViP übernimmt dafür jetzt auch 15 Busse und 36 Mitarbeiter. „Das hat sehr gut funktioniert – umso mehr hat mich die ViP jetzt wieder verblüfft“, sagte Blasig. Hagen Ludwig
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