Potsdam-Mittelmark: Namenlos zur letzten Ruhe
Ob in Werder, Michendorf, Beelitz oder Schwielowsee – anonyme Bestattungen sind im Trend, und die Gemeinden reagieren
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Ob in Werder, Michendorf, Beelitz oder Schwielowsee – anonyme Bestattungen sind im Trend, und die Gemeinden reagieren Von Christin Blievernicht Potsdam-Mittelmark - Immer mehr Bürger ziehen ein anonymes Grab der üblichen Grabstätte mit Stein und Namenstafel vor. In Berlin hat sich in den letzten zehn Jahren nach Angaben des statistischen Landesamtes der Anteil anonymer Beisetzungen von 21 auf 38 Prozent erhöht. Zahlen, die auch auf die Region Werder-Havelland zutreffen: Eine bewusste und zunehmende Wahl dieser Bestattungsart ist auch hier deutlich im Trend, wie eine Umfrage der PNN zeigte. Noch zu Lebzeiten wird in vielen Familien besprochen und organisiert, wie es nach dem Tod weitergeht. „In der Gemeinde Schwielowsee ist vor zwei Jahren hierfür auf dem kommunalen Friedhof in Ferch eine grüne Wiese eingerichtet worden“, berichtet Ordnungsamtsleiter Markus Zeeb. „Schon 50 Beerdigungen fanden seitdem anonym statt, das ist wirklich viel für eine so kleine Gemeinde.“ Urne oder Sarg werden ohne Kennzeichnung beigesetzt. An einem Stein in der Mitte der Wiese können Blumen niedergelegt werden. Zeeb weiß aus vielen Gesprächen: „Ein wichtiges Argument ist heute, dass Angehörige entweder zu weit entfernt leben, mit der Grabpflege nicht belastet werden sollen oder es gar keine Angehörigen gibt.“ So liege die Pflege bei der Gemeinde. Auch Pfarrer Olaf Prelwitz von der Kirchengemeinde Beelitz schätzt die Entwicklung so ein, „dass es sicher noch mehr werden wird“. Er fügt jedoch hinzu: „Noch deutlicher ist bei uns der Trend zur Urnenbeisetzung allgemein. Die Urne ist einfach günstiger als ein Sarg, ob anonym oder nicht.“ Dennoch sind für diese Entwicklung nicht, wie allgemein angenommen, allein die Kosten ausschlaggebend. Bernd Engel von der Friedhofsverwaltung Michendorf sieht es ähnlich wie Markus Zeeb: „Heutzutage hat einfach kaum noch jemand Zeit, sich um die Grabpflege zu kümmern. Oder die Angehörigen sind selber schon zu alt.“ Seit vier Jahren gebe es eine grüne Wiese auf dem Michendorfer Friedhof, seitdem fanden etwa 30 anonyme Beisetzungen statt. Aufgrund von vermehrten Bürgeranfragen hat sich auch der Ortsbeirat in Töplitz gegenüber der Stadtverwaltung Werder dafür ausgesprochen, ein Urnenfeld für anonyme Bestattungen einzurichten. In der Stadt Werder besteht eine solche Möglichkeit auf den beiden kommunalen Friedhöfen schon seit etwa zehn Jahren. „Bei uns können die Angehörigen bei der Beisetzung mitgehen, wenn das gewünscht wird“, erzählt Karin Nolle von der Friedhofsverwaltung. Auf anderen Anlagen sei die Beisetzung teils nur ohne Begleitung möglich, manchmal fällt sogar die Trauerfeier weg. „In den letzten fünf Jahren sind etwa 30 Prozent aller Beerdigungen bei uns anonym. Das hat auch bei uns zugenommen.“ Ihrer Meinung nach haben sich die Familienwerte sehr geändert. „Früher gingen wir mit Gießkanne und Blumen zum Friedhof, das macht heute kaum noch jemand.“ Nachfragen bei Beerdigungsunternehmen und Preisvergleiche im Internet haben ergeben, dass die Kosten für anonyme Beisetzungen preislich durchaus günstiger sein können, es aber regional und bundesweit sehr starke Unterschiede gibt. Preisspannen von 50 bis fast 800 Euro sind schwer nachvollziehbar und oft unabhängig von der gewählten Trauerfeier. Ein Vergleich kann sich also lohnen. Bei den jeweiligen Friedhofsgebühren für die Grabstätte sieht es nicht anders aus. Jeder Kreis, jede Gemeinde kann eine eigene Gebührensatzung beschließen. Informationen dazu finden sich im Internet oder direkt bei den Friedhofsverwaltungen. Die Entwicklung tendiert nicht nur zu anonymen Bestattungen und preiswerteren Urnengräbern. Immer mehr Menschen aus der Region organisieren zudem ihre letzte Ruhestätte noch zu Lebzeiten. Sie möchten es nicht dem Zufall oder dem Geldbeutel anderer überlassen, wohin der letzte Weg sie führt.
Christin Blievernicht
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