Potsdam-Mittelmark: Neue Herrschaften
Frische Landluft, Ruhe und Abgeschiedenheit: Im Stahnsdorfer Ortsteil Güterfelde wird ein Schloss saniert, in dem nicht der Adel wohnen soll
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Stahnsdorf - Schlösser auf dem Land haben ihren Reiz. Nicht nur der französische Kaiser Napoleon wusste Schloss Fontainebleau für seine Ruhe und Abgeschiedenheit zu schätzen, auch Friedrich der Große bekannte kurz vor seinem Tod, im Schloss Rheinsberg seine glücklichsten Jahre verbracht zu haben. Draußen, auf dem Land.
Auch im Stahnsdorfer Ortsteil Güterfelde wird derzeit hinter stählernen Baugerüsten ein fast schon vergessenes Schloss herausgeputzt: das Güterfelder Schloss. Der Genuss frischer Luft in der Umgebung des 1804 vom bekannten Baumeister David Gilly entworfenen Baus mit prächtigen Türmchen, schwungvollen Gesimsen, Verzierungen und Ornamenten soll dort allerdings nicht dem Adel vorbehalten sein, sondern jungen Paaren, Familien mit Kindern und Senioren. Noch vor dem Sommer werden die ersten in den sanierten Räumen ihre Umzugskartons auspacken können, kündigte Erik Roßnagel von der Terraplan Grundstücksentwicklungsgesellschaft an.
Bereits seit Ende 2011 sind die Arbeiter auf dem Schlossgelände zu Gange und haben so einige Überraschungen erlebt. Stahlträger, die noch auf den alten Plänen eingezeichnet waren, konnten nicht mehr gefunden werden, als man Decken öffnete. Vermeintlich massive Wände entpuppten sich als Pappbauwerke. „Jeder Eigentümer hat dem Schloss im Lauf der Geschichte seinen Stempel aufgedrückt, nun auch wir“, sagt Roßnagel. Im Jahr 2010 hat die Terraplan das Haus gekauft, das zuvor schon als Heilstätte für tuberkulosekranke Kinder diente, als Militärstandort und zuletzt als Altenheim.
Wie die neuen Bewohner nach den Bauarbeiten im Schloss wohnen sollen, ist bereits erkennbar: Durch einen breite Glastür im Eingangsportal werden die Schlossherren künftig zu ihren Räumen gelangen. Mit dem Fahrstuhl oder über das neu eingebaute Treppenhaus geht es hinauf bis zum Belvedere auf 18 Meter Höhe oder hinab bis zu den Wohnungen im Erdgeschoss und dem künftigen Weinkeller des Schlosses mit eigenem, abschließbaren Lagerfach, einem großen Tisch und zwei Bänken - „unserem Gemeinschaftsraum“, sagt Roßnagel.
In den Räumen zu ebener Erde haben die Architekten hier und da die Rundbögen des denkmalgeschützten Baus freilegen lassen. Die blanken Steine umrahmen nun die offene Küche oder das Bad mit sandfarbenen Fliesen. In den oberen Stockwerken sind die Räume mit vier Metern Höhe deutlich heller und großzügiger, einige bieten Terrassen und Privatgärten, andere kleine Balkone mit Blick auf den Schlossbrunnen, der bald wieder sprudeln soll. Raffiniert sind die kleinsten Wohnungen eingerichtet: Auf einer Fläche von 42 Quadratmetern wird auf einer Empore über dem Bad geschlafen.
Die größten der insgesamt 27 Schlosswohnungen messen etwa 117 Quadratmeter. Ab Juni sollen sie vermietet werden. Die Warmmiete soll jeweils zwischen 500 und 1300 Euro betragen, je nach Größe. Schon jetzt sind die ersten Angebote auf verschiedenen Internetimmobilienbörsen zu finden.
Während Baustellenbesucher im Schloss derzeit noch über staubbedeckte Fußböden vorbei an unverputzten Wänden und offenen Kabelsträngen wandern müssen, sind die Arbeiten im benachbarten Lehmbau weit vorangeschritten. Insgesamt neun schmale Reihenhäuser wurden in das langgezogene, dreistöckige Nachbarhaus hineingeschnitten, wie dicke Stullen in ein frisches Brot. Rund vier Meter sind die Wohnungen im Inneren breit, rund elf Meter lang. „Wir haben versucht, jeden Quadratzentimeter auszunutzen“, erklärt Roßnagel. So geht es vom Eingang auf frisch verlegtem Parkett vorbei an der Küche und einem kleinen Bad hinein in das Wohnzimmer. In der zweiten Etage befinden sich das Schlafzimmer und ein großzügiges Bad, im Obergeschoss zwei Kinderzimmer. Die Heizung ist schon installiert, ebenso sämtliche Kabel. Die etwa 100 Quadratmeter großen Wohnungen im Lehmbau werden monatlich rund 800 bis 900 Euro Warmmiete kosten, bereits ab Mai sollen sie bezogen werden können.
„Wir haben zahlreiche Anfragen, vor allem aus der Region“, sagte Roßnagel. Meist kämen sie von Großeltern, die in die Nähe ihrer Kinder und Enkelkinder ziehen wollen. Aber es habe auch Anfragen von Beschäftigten des Großflughafens in Schönefeld gegeben sowie von jungen Potsdamern, die den benachbarten Kindergarten attraktiv finden.
Wegen des langanhaltenden Winters seien die Außenarbeiten zuletzt allerdings ins Stocken geraten. Etwa drei Monate sei man im Verzug. „Spätestens zur 750-Jahre-Feier Güterfeldes müssen wir aber fertig sein.“ Dann soll am 17. und 18. August auch im Schlosspark herrschaftlich gefeiert werden, sagt Roßnagel. Draußen auf dem Land bei frischer Luft und Ruhe, wie es schon die Könige und Kaiser mochten.
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