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Ein Amt für zwei. Annette Laue ist im Beelitzer Einwohnermeldeamt auch für die Einwohner der Nachbargemeinde Seddiner See zuständig, die hier ihre Ausweise beantragen können.

© T. Lähns

Potsdam-Mittelmark: Neue Nachbarschaftshilfe

Kleine Kommunen sollen sich nach dem Willen der Landesregierung Aufgaben teilen. Dafür dürfen sie auch weiterhin selbstständig bleiben

Von Enrico Bellin

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Potsdam-Mittelmark - Für die Hochzeit in Nuthetal kommt der Standesbeamte aus Potsdam. Seddiner müssen, um ihren Ausweis abzuholen, nach Beelitz fahren und die Beelitzer Politesse verteilt Knöllchen in Kähnsdorf. Viele Kommunen in der Region teilen sich bereits Aufgaben. Nach dem Willen der rot-roten Landesregierung sollen die Kooperationen in den kommenden Jahren verstärkt werden.

„Kleine Kommunen sollen freiwillig stärker zusammenarbeiten und schauen, wo sie Aufgaben sinnvoll bündeln können“, sagt Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke) den PNN. So stehe es im Koalitionsvertrag. Die gute Nachricht: Auch Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern wie Nuthetal und Seddiner See dürfen künftig eigenständig bleiben und werden nicht zwangsweise zusammengelegt, wie vor der Landtagswahl befürchtet. „Die Verwaltung mit gewählten Gemeindevertretern und hauptamtlichem Bürgermeister wird so auch in Zukunft bestehen bleiben, wir werden langfristig jedoch größere Aufgaben abgeben“, so Hustig. Beispiele wolle sie nicht nennen, um Verwaltungsmitarbeiter nicht zu verunsichern.

Wie genau Verwaltungen in Zeiten einer alternden Bevölkerung umstrukturiert werden, soll im kommenden Jahr in einer Leitbilddiskussion mit Landesregierung und Kommunen geklärt werden. Die Umsetzung der Diskussionsergebnisse erwartet Hustig dann zur nächsten Kommunalwahl 2019.

In Nuthetal gibt es bereits eine Kooperation mit dem Potsdamer Standesamt, da die Gemeinde selbst nur eine Standesbeamtin hat. „Ist die krank oder im Urlaub, können die Nuthetaler nach Potsdam fahren.“ Für Hochzeiten kommt Hustig zufolge ein Potsdamer Mitarbeiter nach Nuthetal. Solche Zusammenarbeiten soll es künftig in allen Bereichen geben, für die Nuthetal nur wenig Fachpersonal hat. An sich habe Hustig keine Präferenzen, ob sie verstärkt mit den Nachbarn Potsdam oder Michendorf kooperiere. „Die Fahrt nach Potsdam ist für unsere Einwohner aber einfacher, da die meisten Busse zum Bahnhof Rehbrücke fahren und es dort Anschluss an die Tram gibt.“

Vorbild für die weitere Zusammenarbeit könne Hustig zufolge die Kooperation zwischen Seddiner See und Beelitz sein. Die Gemeinden teilen sich bereits unter anderem das Einwohnermeldeamt und das Standesamt. Damit konnte sich Seddiner See trotz lediglich 4 500 Einwohnern bisher seine Eigenständigkeit sichern. „Wir sparen auch dadurch Geld, das wir unsere Mitarbeiter gemeinsam mit den Beelitzern zu Schulungen schicken und so Referenten nur einmal bezahlen müssen“, sagt Axel Zinke (parteilos), Bürgermeister von Seddiner See.

Die Seddiner haben jedoch den Nachteil, dass sie für die Amtsgänge ins sechs Kilometer entfernte Beelitz fahren müssen. Ein geplanter Bürgerkiosk in Seddin – ein Computer, von dem aus man direkt mit einem Mitarbeiter in Beelitz reden und sich die Anfahrt so ersparen kann – konnte Zinke zufolge wegen Datenschutzproblemen nicht aufgestellt werden. „Außerdem muss bei solchen Projekten ja auch sichergestellt sein, dass am Computer in Beelitz ein Mitarbeiter sitzt, der nicht gerade mit anderen Kunden spricht“, so Zinke. Auch das Projekt mobiler Amtsmitarbeiter, die beispielsweise zu älteren Kunden nach Hause fahren und ein mobiles Büro dabei haben, wurde wegen zu hoher Kosten der nötigen Technik nicht weiter verfolgt.

Es gibt in Brandenburg aber auch Beispiele, wie mobile Verwaltung funktionieren kann. „In Wittstock haben wir einen mobilen Bürgerbus, der in die Ortsteile fährt und in dem die wichtigsten Verwaltungsdinge erledigt werden können“, sagt Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg. Grundsätzlich sehe er die geforderte stärkere Zusammenarbeit der Kommunen positiv, da man so die Strukturen an den Einwohnerverlust einiger Kommunen anpassen kann, und die Kommunen trotzdem selbstständig bleiben können. Es gebe viel Einsparpotenzial, das für den Bürger keine weiteren Wege bedeuten würde. Beispielsweise könnten Rechnungsprüfungsämter oder Personalabteilungen zusammengelegt werden.

Böttcher kritisiert aber, dass die Landesregierung Veränderungen von den Kommunen einfordern will, auf Landesebene aber keine Einsparungen geplant sind. „Alle Ministerien und Behörden sollen dem Koalitionsvertrag zufolge in ihrer derzeitigen Größe bestehen bleiben.“

Außerdem hofft der Geschäftsführer, dass in der Leitbilddiskussion im kommenden Jahr auch die Arbeitsteilung zwischen Land und Kommunen debattiert wird. „Es muss klar werden, welche Aufgaben die Gemeinden zukünftig übernehmen sollen und wie ihr möglicher Mehraufwand vom Land finanziert wird.“

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