zum Hauptinhalt
Trübe Brühe. Auf der Oberfläche des geschützten Moorgebietes „Hartes Fenn“ schwimmen unweit der neuen Lärmschutzwände zur Güterfelder Ortsumfahrung verdächtig schillernde Flecken. Deshalb ist Regina Schwarz auch in Sorge um das Grundwasser.

© Tobias Reichelt

Potsdam-Mittelmark: Neue Straße, neuer Dreck

Nach dem Bau der Ortsumgehung Güterfelde sieht Regina Schwarz das Moorgebiet „Hartes Fenn“ bedroht

Stand:

Stahnsdorf - Regina Schwarz bekommt nachts kein Auge mehr zu. Es ist nicht nur das laute Rumpeln und Rauschen der Autos und Laster auf der neuen Güterfelder Ortsumfahrung, das ihr den Schlaf raubt, sondern auch die Sorge um die Hinterlassenschaften des Verkehrs: Benzin, Diesel und Gummi – und die verdächtig schillernden Pfützen, welche die Stahnsdorferin am Straßenrand entdeckt hat.

Dort, wo Bauarbeiter im vergangenem Jahr noch dicke Betonsäulen für die neue Güterfelder Ortsumfahrung in den Boden des Landschaftsschutzgebietes Parforceheide getrieben haben, schwimmen nun ölige Flecken auf dem Wasser eines empfindlichen Ökosystems, dem Sumpfgebiet „Hartes Fenn“. Die Schmutzstellen messen je bis zu einen Quadratmeter. Mal sind es mehr, mal weniger, je nach Wetter, sagt die Gemeindevertreterin und führt an den Ort ihrer Entdeckung und von dort ein paar Schritte weiter auf eine andere Seite des Sumpfes. Geschützt durch einen Erdwall und fernab des neuen Straßenbauwerks ist das Wasser dort glasklar. „Ich finde das beunruhigend.“ Schließlich fließe nur wenige Meter unter dem Moor Grundwasser hindurch.

Seit Dezember verbindet die Ortsumfahrung das Potsdamer Stadtzentrum über die Nutheschnellstraße mit dem künftigen Großflughafen in Schönefeld. Massen an Beton und Asphalt führen an Stahnsdorf vorbei quer durch ein Landschaftsschutzgebiet. Vögel zwitschern, Schmetterlinge flattern und Autos rasen. Die Straße, die vielen Fahrern eine Zeitersparnis bringt, lässt etliche Stahnsdorfer aufstöhnen – nicht nur wegen der möglichen Umweltverschmutzung. Ihre Grundstücke im Grünen sind verlärmt und nun droht ein weiterer Wertverlust, warnt Regina Schwarz. „Die Brühe im Moor, sieht nicht gesund aus“, sagt die 55-jährige Lokalpolitikerin der Wählergruppe „Bürger für Bürger“. In einer Studie zum Bau der Straße hat die Heilpraktikerin gelesen, dass Stahnsdorfer Grundwasser im Bereich des Moores unmittelbar unterhalb der Geländeoberkante ansteht. Schwarz hat deshalb das Fresenius-Institut um Hilfe gebeten und auch die Abfallwirtschaft des Landkreises APM eingeschaltet, die für Bodenverunreinigungen zuständig ist. Auch das Stahnsdorfer Rathaus ist informiert und will Prüfungen anstellen. „Das Moor ist ein Wertgegenstand“, sagt Regina Schwarz. „Es wird nicht besser, wenn wir nicht aufpassen.“

Aufgepasst wurde jedoch, findet Frank Schmidt. Der Chefplaner vom Landesbetrieb Straßenwesen war für den Bau der fast elf Kilometer langen und 42 Millionen Euro teuren Ortsumfahrung verantwortlich. Er weist die Vermutung zurück, das Moor könnte verunreinigt sein: Das Entwässerungssystem der neuen Straße sei erfolgreich geprüft worden, sämtliche Schwebstoffe und Gummiabriebe würden bei Regen nicht ins Moor, sondern in Filterbecken geleitet, die regelmäßig gereinigt werden. „Die Becken sind absolut dicht“, so Schmidt. „Wer sagt, dass nicht ein Bauer dort seinen Traktor gewaschen hat?“, fragt der Chefplaner zurück. Er schließt auch aus, dass die Flecken noch vom Bau der Straße stammen könnten. „Die Baustelle ist ordnungsgemäß beräumt.“ Auch die dicken gelben Plastikrohre, die Regenwasser an einigen Teilen der Schnellstraße über die Seitenböschung ableiten, stellen keine Gefahr für das Moor dar. Das Wasser lande auf nahen Wiesen, nicht im Sumpf, so Schmidt.

Auch der Stahnsdorfer Umweltschützer und SPD-Gemeindevertreter Peter Ernst ist skeptisch, was die schillernden Pfützen auf dem Moor angeht. „Das können auch biologische Rückstände sein“, sagt Ernst, der sich seit den 70er-Jahren für den Schutz der Parforceheide einsetzt und dafür mit dem brandenburgischen Umweltpreis ausgezeichnet wurde. Er will die Flecken keinesfalls kleinreden, kennt solch regenbogenfarbene Phänomene jedoch auch von anderen Sümpfen. „Ich kann die neue Straße aber auch nicht leiden“, sagt Ernst. Mehr Sorge als die Pfützen bereite ihm jedoch der neue Verkehrslärm von der vierspurigen Straße, der Mensch und Tier vertreibe.

„Ich höre auch, dass es lauter geworden ist“, sagt Regina Schwarz. Wie viele Stahnsdorfer Gemeindevertreter vermutet auch sie, dass die vor dem Bau der Straße berechneten Lärmwerte heute überschritten werden. So kämpft die Gemeinde für eine Tempodrosselung auf der neuen Straße von 100 auf 80 Kilometer pro Stunde. Auch wenn das Land das neue Tempolimit bislang ablehnt, könnte man es zumindest ein halbes Jahr lang testen, schlägt Schwarz vor. Das würde nicht nur weniger Lärm erzeugen und die Nerven vieler Stahnsdorfer schonen, sondern auch weniger Abgase und Gummiabrieb freisetzen. Dem Moor würde das nicht schaden, sagt Regina Schwarz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })