Potsdam-Mittelmark: Neues Haus als „liebevolle Konsequenz“
Moderne Wohnstätte für behinderte Kinder und Jugendliche an der Lichterfelder Allee eingeweiht
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Moderne Wohnstätte für behinderte Kinder und Jugendliche an der Lichterfelder Allee eingeweiht Teltow - Die Rankenpflanze, die Diakonisse Ortrud Wittkopf gestern auf das Rednerpult stellte, hatte symbolischen Wert. Die Schwester blickte auf ihr jahrzehntelanges Wirken im Teltower Diakonissenhaus zurück und als dort in den 60er Jahren mit dem Haus „Morgensonne“ die erste Wohnstätte für Kinder mit geistiger Behinderung entstand, schmückte man die Zimmer mit Rankenpflanze. Deren Enden gerieten aber immer wieder zum Naschwerk für die Kinder, so dass man schließlich Kakteen auf die Tische stellte. „Irrtumslernen“ nennt Schwester Wittkopf solche Erfahrungen, die zu „liebevollen Konsequenzen führten“. Die Diakonissen haben bei der Betreuung geistig Behinderter viel dazu gelernt, „auch die Kinder leben längst anders als früher“, sagt Ortrud Wittkopf. „Aufgaben wandeln sich“, weiß auch Kuratoriumschef Detlev Heering, „doch es bleibt Aufgabe, sich diesem Wandel zu stellen.“ Doch manchmal dauert es seine Zeit, bis die Aufgabe erledigt ist. Von den ersten Wünschen nach einer neuen Wohnstätte bis zur gestrigen Einweihung des Hauses „Magdala“ vergingen 30 Jahre. Das neue dreigeschossige Gebäude auf dem Diakoniegelände bietet den Behinderten nicht nur moderne Bedingungen, sondern soll ihnen eine wirkliche Heimat sein. 24 geistig sowie körperlich behinderte Kinder und Jugendliche werden hier wohnen. Schon lange genügte das alte Haus „Morgensonne“ nicht mehr den eigenen und gesetzlichen Anforderungen als Behinderten-Wohnstätte. Auch Umbauarbeiten in den 90er Jahren konnten die Notwendigkeit eines Neubaus nicht ersetzen. Doch erwies sich der Werdegang von den ersten Planskizzen bis zur gestrigen Schlüsselübergabe als Odyssee durch die märkischen Amtsstuben. „Was die eine Behörde forderte, war der anderen zu viel,“ so Diakonie-Vorstand Lutz Ausserfeld. Als man schließlich alle Vorarbeiten erledigt hatte, „waren dem Land Brandenburg die Fördermittel ausgegangen.“ Mit 2,2 Millionen Euro finanzierte die Stiftung des Diakonissenhaus den Bau aus eigener Tasche. „Hätten wir nicht auf eigene Kosten gebaut, gebe es das Haus nicht“, betonte Kuratoriumschef Heering. Am Gästetisch wusste Sozialministerin Dagmar Ziegler gestern das Engagement wohl zu schätzen: „Das Land ist in Zeiten knapper Kassen auf sinnvolle Lösungen und wichtige Partner wie das Diakonissenhaus angewiesen“. Als „Investition in die Zukunft von behinderten Kindern und Jugendlichen, aber auch in den Standort Teltow“ bezeichnet Sabine Oster das neue Haus. Oster ist Geschäftsführerin des Bereiches Jugend- und Behindertenhilfe des Evangelischen Diakonissenhauses Berlin Teltow Lehnin. Die gestrige Einweihung des Hauses sei ein Etappenziel bei den weiteren Planungen der Diakonie, ihre Betreuungseinrichtungen auszubauen und zu modernisieren. „ An vielen Stellen sehen wir Bedarf für neue Angebote“, so Sabine Oster. Dieses Engagement komme auch der Stadt Teltow und der gesamten Region zugute. Denn das Diakonissenhaus, seit 104 Jahren an der Lichterfelder Allee, verstehe sich als „integralen Bestandteil“ der Stadt, sehe sich keinesfalls isoliert und abgelegen. Vielmehr suche man den Kontakt und das Miteinander mit den Teltowern. „Wir legen großen Wert, dass hilfsbedürftige Menschen nicht an den Rand der Gesellschaft gestellt, sondern in ihre Mitte geholt werden“, sagt Sabine Oster. So nutzen die Behinderten des Diakonissenhauses Angebote Teltower Vereine, besuchen die Musikschule in Kleinmachnow, sind Mitglied in der örtlichen Bibliothek und malen in städtischen Kunstzirkeln. „Die Bewohner des Diakonissenhauses gehören zum Teltower Stadtbild“, so Inge Melville, Leiterin der Behinderten-Wohnstätte. Andererseits öffnet sich das Diakonissenhaus für die Bevölkerung der Region: Zum traditionellen Frauenfrühstück finden sich regelmäßig Besucherinnen aus der den umliegenden Kommunen sowie aus Potsdam und Berlin zu den unterschiedlichsten Themen. In der Advents- oder Osterzeit wird das Stiftsgelände zur viel besuchten Begegnungsstätte. Auch städtebaulich gehört das weitläufige Diakoniegelände zur attraktiven Seite der Stadt. Das neue Wohnhaus, deren Fassade aus 53000 roten Ziegelsteinen besteht, „ist eine Zierde der Lichterfelder Allee“, schwärmt Detlev Heering. Architekt Jürgen Platen hört das Lob gern, doch sieht er seine Leistung als Mittel zum Zweck: „Der Gnade Gottes entsprechend, die mir geschenkt wurde, habe ich als guter Baumeister den Grund gelegt, ein anderer baut darauf weiter.“ Peter Könnicke
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