zum Hauptinhalt
Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Stahnsdorf erwartet die rund 40 Polizeireiter und Pferdepfleger ein neues Dienstgebäude, ein Stall für die knapp 30 Dienst- und Jungpferde sowie Reitanlagen mit einer Schmiede und Pferdekoppeln.

© Ralf Hirschberger/dpa

Stahnsdorf: Neues Quartier für Pferdestaffel der Bundespolizei

Die Pferde der Reiterstaffel der Bundespolizei haben am gestrigen Dienstag ihr neues Quartier in Stahnsdorf bezogen. Gebraucht werden sie etwa bei Fußballspielen.

Von Enrico Bellin

Stand:

Stahnsdorf - Langsam tippelt das Schwere Warmblut rückwärts aus dem Anhänger auf den Hof des neuen Domizils der Pferdestaffel der Bundespolizei in Stahnsdorf. Ein paar einordnende Blicke nach rechts und links, dann dreht es sich und wartet ruhig, bis sein tierischer Kollege ebenfalls ausgestiegen ist. Keine Spur von Wildwest und sich aufbäumenden, rebellischen Rassepferden. „Unsere Tiere sind es gewohnt, verladen zu werden, wenn es an die Einsatzorte geht“, sagt Thomas Kriwens, Polizeihauptkommissar und Leiter der Pferdestaffel. Am gestrigen Dienstagmorgen haben die 25 Pferde ihr bisheriges Quartier im Grunewald verlassen und sind an die Alte Potsdamer Landstraße gezogen.

Nach knapp einer Stunde sind gegen 7.30 Uhr alle Tiere im neuen Stall. Es riecht nach frischem Stroh, noch ist alles blitzsauber. Daran müssen sich die Tiere erst gewöhnen. „Bei weiter entfernten Einsatzorten sind die Tiere zwar daran gewöhnt, in fremden Ställen zu übernachten. Doch dort stehen auch andere Pferde und entsprechend gibt es den typischen Stallgeruch“, erklärt Jens Schobranski, Sprecher der Bundespolizei. Die Reiter kennen die etwas empfindlicheren Tiere jedoch und streicheln sie beruhigend.

Mehr Platz als in Grunewald: Jedes Pferd hat 15 Quadratmeter

Die Boxen sind in der neuen, insgesamt rund sieben Millionen Euro teuren Anlage deutlich größer als im Grunewald: 15 Quadratmeter hat jedes Tier im Stall für sich, dazu kommen noch einmal 30 im direkt angrenzenden Freilauf. „Den gab es im Grunewald so überhaupt nicht“, sagt Staffelleiter Kriwens, der die Anlage in Stahnsdorf auch federführend geplant hat. Nötig war der Umzug, da die Staffel im Jahr 2002 von Berlin an den Bund übergegangen war und daher auch vom landeseigenen Gelände auf ein Bundesgrundstück wie in Stahnsdorf umziehen sollte. Eigentlich sollte der Standortwechsel schon im vergangenen Herbst vollzogen werden. Doch der Bau verzögerte sich und konnte ohnehin erst später als geplant beginnen, da auf dem früheren Militärgelände deutlich mehr Munition geborgen werden musste als vermutet. Nun zieht sich der Umzug über die gesamte Woche: Während am Montag schon das Stroh geliefert wurde, ziehen in den kommenden Tagen noch die Schmiede und die Verwaltung um.

Aufgebaut ist der Standort wie ein klassischer Drei-Seiten-Hof: Vorn an der Straße steht das Verwaltungsgebäude, in dem oben die Sozial- und Lagerräume und unten die Diensträume sind. Dahinter steht der Stall mit 30 Pferdeboxen und an der Seite die 60 mal 20 Meter große Reithalle. Insgesamt ist das Areal in Hörweite der Autobahn 115 inklusive Wiesen 28 000 Quadratmeter groß. Laut Kriwens ist es den aktuellen hippologischen Anforderungen entsprechend geplant. So kann etwa der Boden in der Reithalle bewässert werden, damit es beim Training nicht staubt. Und statt Fenster gibt es Öffnungen mit Netzen davor, damit es im Sommer nicht zu heiß wird. „Ich glaube, ich habe inzwischen auch mit jedem Nachbarn hier Kaffee getrunken, um zu erklären, was wir hier überhaupt machen“, so der Hauptkommissar. Schließlich seien die Anwohner bisher ja Ruhe gewohnt. Wenn da die Polizei vor die Haustür zieht, könne das schon beunruhigen. Bis auf gelegentliche Transporterfahrten würden Anwohner aber kaum beeinträchtigt.

Bei Demos, Fußballspielen oder bei Staatsbesuchen im Einsatz

Eingesetzt wird die Pferdestaffel neben repräsentativen Auftritten bei Staatsbesuchen etwa bei der Bewachung der Berliner Flughäfen. „Vor Flügen mit besonderer Gefahrenlage reiten wir etwa durch den Tegeler Forst und schauen, ob die Zäune nicht durchbrochen worden sind“, so Sprecher Schobranski. Betroffen seien etwa Flüge in die USA oder nach Israel. Auch bei Demonstrationen oder Fußballspielen sind die Reiter im Einsatz, dort könnten sie bis zu fünf Fußpolizisten ersetzen. Schließlich sitzen die Beamten erhöht und können so über Menschenmengen hinwegsehen. Auch für Fußballfans seien die Pferde von Vorteil: Bilden Polizisten eine Absperrkette, sind sie von Weitem schlecht zu sehen. „Die Pferde werden aber gleich wahrgenommen und die Leute sehen: Da ist ein Einsatz, da bleibe ich lieber fern“, sagt Schobranski. Er selbst habe auch schon erlebt, wie Reiter geholfen haben, als zwei verfeindete Fanlager angefangen hatten sich zu bekämpfen: „Die sind mit zwölf Pferden in Richtung des Tumults geritten, und schon haben die eine Gasse gebildet“, erzählt Schobranski. Die Tiere seien sogar so ausgebildet, dass sie Menschen zurückdrängen können, um Platz für andere Polizisten zu schaffen.

37 Beamte sind in der Pferdestaffel eingesetzt, sie gehören zur normalen Bundespolizei und werden in Ausnahmefällen auch zum „Fußdienst“ herangezogen, – etwa bei den Grenzkontrollen im vergangenen Jahr, wie Kriwens erzählt. Grundsätzlich sind sie aber hoch zu Ross unterwegs – auf zugewiesenen Pferden, die meist im Alter von drei Jahren angekauft und ein Jahr lang ausgebildet werden, um dann etwa 14 Jahre Dienst zu tun. Bestimmte Rassevorlieben gibt es Kriwens zufolge nicht. Das Pferd sollte ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen haben. Sportpferde, wie sie die Zucht heute hauptsächlich hervorbringe, würden nicht gebraucht. „Wir suchen eher die Zuchtunfälle“, sagt der 52-Jährige augenzwinkernd. Einen Monat lang werden neu gekaufte Pferde getestet. Sollten sie sich als ungeeignet erweisen, werden sie wieder an ihre Besitzer zurückgegeben.

75 Kilogramm Hafer - pro Tag

In Stahnsdorf kümmern sich neben den Beamten auch fünf Pferdewirte und ein Schmied um die Tiere. Da sie viel trainieren, entsprechend viel Nahrung brauchen und nicht mit vollem Magen laufen sollen, erhalten sie drei Mal täglich Futter. Und zwar in Mengen: 75 Kilogramm Hafer, die gleiche Menge Pellets und zehn Kilogramm speziell gemischtes Müsli verfüttert Pferdewirtin Petra Schmidt täglich. „Dazu kommen dann noch einmal 40 Bunde Heu“, so Schmidt. Hinweise für jedes Tier stehen an den Boxen: Hengst Serano etwa bekommt morgens neben einem halben Kilo Pellets auch Teufelskralle. Das Kraut diene als Kur für die Muskelentspannung.

Wer die Tiere einmal selbst sehen will, wird dazu im Mai bei einem Tag der offenen Tür Gelegenheit haben. Das genaue Datum muss die Polizei noch festlegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })