Potsdam-Mittelmark: Neues Streitfeld in Seehof
Vorwurf: In Teltows Flächennutzungplan wurden Sabersky-Belange nicht oder ungenügend berücksichtigt
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Teltow - Bei der künftigen Entwicklung von Teltow-Seehof wird mit allen Finessen gekämpft. Vorsorglich und fristgerecht hat jetzt Rechtsanwältin Anne Glinka, die die jüdischen Erben Valerie und Peter Sonnenthal vertritt, „Mängel“ im Flächennutzungsplan (FNP) gerügt.
Das seit 2004 gültige Planwerk gibt maßgeblich die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung des Ortes vor, beschreibt Wohnbaupotenziale, Bildungs- und Gewerbestandorte sowie Grünzüge und Freiflächen. Nachdem die Geschwister Sonnenthal auf Grundlage der bevorstehenden Restitution von über 100 Grundstücken in Seehof ein städtebauliches Konzept vorgestellt haben, stieß dieses zum Teil auf heftige Kritik und Ablehnung. Dem Sonnenthal-Konzept wurden Festlegungen des FNP entgegen gestellt, vor allem die partielle Umwandlung des Seehofer Wäldchens in Wohnbauflächen widerspreche den im FNP fixierten Entwicklungszielen.
In einer umfangreichen Schrift macht Sonnenthal-Anwältin Glinka die Stadt Teltow nun darauf aufmerksam, dass sie im gesamten Aufstellungsverfahren des FNP die privaten Belange der jüdischen Erben nicht oder nur unzureichend berücksichtigt habe und das Papier daher in vielfacher Form Abwägungsdefizite und -ausfälle beinhalte. Es hätte der Stadt von Beginn an klar sein müssen, dass in dem gesamten FNP-Verfahren die privaten Belange der Sabersky“schen Erbengemeinschaft berücksichtigt hätten werden müssen. Denn während die Teltower Stadtverordneten im Frühjahr 1991 die Aufstellung eines FNP beschlossen, meldeten die Sabersky-Erben im gleichen Jahr ihre Rückübertragungsansprüche an. Teltow sei somit bereits im Januar 1992 bekannt gewesen, dass es sich bei mehreren Flurstücken in Seehof um Bauland handeln würde, für die die Sonnenthals Restitutionsansprüche angemeldet hatten. Spätestens seit Februar 1999 war durch die geklärte Rechtslage klar, dass die Restitution hunderter Grundstücke im Raum stand. „Aufgrund veränderter Eigentumsverhältnisse stellten sich die Abwägungsbelange neu“, daher konstatiert Glinka. Schon im Dezember 1997 hatte das Potsdamer Verwaltungsgericht die Rückübertragung von 70 Grundstücken angekündigt, in einem Leiturteil des Bundesverwaltungsgerichts wurde deutlich, dass weitere Restitutionen folgen würden. Doch sei all dies unberücksichtigt geblieben. Dass die Restitution noch nicht vollzogen war, als der FNP beschlossen wurde, ändere nichts daran, dass private Belange hätten bedacht werden müssen.
Der Stadt Teltow dürften die Vorbehalte der Sonnenthals gegenüber dem FNP nicht neu sein. Bereits 1993 legte ihr damaliger Anwalt Florian Lewens – heute CDU-Stadtverordneter – Einspruch gegen den Planentwurf ein. Der Einspruch betraf vor allem die heute von Umweltverbänden und der Bürgerinitiative „Wir in Seehof“ „BiWiS) als schützenswert eingestuften Waldflächen. „Bei der als Erholungswald nördlich der der Lichterfelder Allee ausgewiesenen Fläche ist kein schützenswerter Baumbestand erkennbar. Stattdessen wird hier Wildwuchs minderwertiger Hölzer vorgefunden“, so die damalige Formulierung „spezieller Bedenken“. Der seinerzeit erhobene Einspruch „wurde nach meiner Kenntnis bis heute nicht beantwortet“, so Glinka. Unterm Strich lasse sich für die Anwältin konstatieren: „Weder hat die Stadt alle Belange ermittelt, noch hat sie diese in die Abwägung einbezogen. Dies stellt einen Abwägungsausfall dar.“
Die Rüge habe rein vorsorglichen Charakter, so Glinka. Sie sei notwendig, um später in konkreten Bebauungsplanverfahren der Stadt, die aus dem FNP abgeleitet werden und daher den Interessen der Sonnenthal entgegen stehen könnten, rechtliche Schritte einleiten zu können.
Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt hat Glinkas umfangreiches Schriftstück zur Kenntnis genommen. Mit einer Bewertung hält er sich zurück, doch wisse er die „Stadt auf sicherer Seite“. Es sei günstiger, sich den baurechtlichen Fragen erst nach dem Runden Tisch zu stellen, an dem sich Vertreter der Stadt, der BiWiS sowie Peter Sonnenthal und Glinka heute treffen wollen. „Es sollten im Vorfeld keine zusätzlichen Befindlichkeiten provoziert werden“, meint Schmidt. Er bedauert, dass der Diskurs über den FNP vor dem heutigen Treffen geführt wird.
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