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Schwarzweiß, trotzdem eindeutig: Karte der Bismarckhöhe.

© Sammlung Sommerfeld

Potsdam-Mittelmark: Nicht die Fahne wechseln

Werderaner Heimatverein will nach Probeabstimmung bei grün-weiß-rot bleiben

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Werder (Havel) - Grün-weiß-rot? Weiß-rot-grün? Werders Heimatverein hat sich dafür ausgesprochen, nicht die Fahne zu wechseln. In einer Probeabstimmung beim jüngsten Vereinsstammtisch habe sich keines der Mitglieder für eine Farbänderung ausgesprochen, sagte Vereinsmitglied und Heimathistoriker Baldur Martin den PNN. Eine „erste Fahne“ der Stadt sei nicht belegbar, so Martin. „Es ist deshalb wie die Frage nach Henne oder Ei, welche Farbfolge eher da war.“

Die Diskussion war durch Christian Zube ausgelöst worden, der als IT-Spezialist im Rathaus arbeitet und privat die Internetseite www.baumblüte.de betreibt. Bei Recherchen für seine Seite war er im Stadtarchiv auf eine Postkarte von 1942 mit einer weiß-rot-grünen Fahne gestoßen. Seitdem setzt er sich für „die originale Farbfolge“ ein. Er beruft sich auch auf seine Familie, die früher zur Baumblüte weiß-rot-grün flaggte, und Aussagen seiner Großmutter Waltraud Zube. Sie stammte aus einer alten Werderschen Obstzüchterdynastie.

Im September 1989 hatten Werders Stadtverordnete das Stadtwappen und die grün-weiß-rote Farbfolge festgelegt. Vorausgegangen waren Recherchen des inzwischen verstorbenen Heimatforschers Reimar Golz, der bei der Farbfolge der Fahne auf die Heraldik und historische Postkarten verwiesen hatte. Zube hat derweil weiter recherchiert: Auf alten Postkarten hat er die Farbwerte der Fahnen mit dem Computerprogramm Photoshop angemessen. Auch der Werder- Postkartensammler David Sommerfeld hat für Zube nachgezählt. Unterm Strich waren 82 Fahnen schwarz-weiß-rot, zwei weiß-rot-grün und eine grün-weiß-rot. Die schwarz-weiß-rote Reichsfahne sei durch Reimar Golz womöglich als grün-weiß-rot interpretiert worden, meint Zube. Er führt auch alte Farbfotos aus der DDR-Zeit an, unter anderem vom Karnevalsverein, auf denen die weiß-rot-grüne Fahne zu sehen sei.

Was die Aussagekraft alter Postkarten angeht, gibt man sich im Heimatverein derweil skeptisch: „Die Karten wurden häufig coloriert, es gibt solche und solche“, sagt Baldur Martin. „Früher hat man sich wahrscheinlich gar keine Gedanken darüber gemacht.“ Nach dem Wissensstand des Heimatvereins könnte die Farbfolge möglicherweise in der Nazizeit in weiß-rot-grün gewechselt sein. „Eine Erklärung dafür haben wir aber auch nicht gefunden.“ Zumindest würde das jedoch eher gegen eine Abkehr von der geltenden Farbfolge sprechen, findet Martin.

In der Sache geforscht hat auch Heimatvereinsmitglied Detlef Tympel. Unterm Strich habe sich gezeigt, dass die heutige Farbfolge heraldisch und optisch korrekt sei. „Und mit weiß-rot-grün hätten wir die Farben der Bulgarienfahne“, so Tympel. Gegen den märkischen Himmel sei das Weiß kaum erkennbar. „Das sieht aus, als wenn es nur zwei Farben gibt.“ Zudem warnt er vor den Kosten eines Farbwechsels: „Es würde Tausende Euro kosten, wenn Vereine und Gewerbetreibende die Farben, auf die sie ihre ganze Werbung aufgebaut haben, verändern müssten.“

Das sieht auch Baldur Martin so. Die bislang vorgebrachten Argumente für einen Farbwechsel reichen ihm nicht. „Das ist im Vergleich zum Gutachten von Reimar Golz nicht sehr stichhaltig.“ Ein Wechsel würde allenfalls infrage kommen, wenn ein Farbwechsel „per order mufti“ aus politischen Gründen und gegen den Willen der Stadtverordneten angeordnet worden wäre. „Davon kann nicht die Rede sein.“ Immerhin sieht er die Debatte als Anstoß, mit der allgegenwärtigen Nachbearbeitung von Fotografien aufzuhören. „Die Echtheit eines Fotos ist ein hoher Wert.“ Henry Klix

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